Todesurteile durch FBI-Fehler?
Ein neuer Skandal trifft die US-Polizei. FBI-Spezialisten sollen lange Zeit massenhaft falsche kriminaltechnische Analysen geliefert haben. In der Folge könnten Todesurteile gefällt und vollstreckt worden sein. «Einer der grössten forensischen Skandale» des Landes, meinen Beobachter.
Experten der US-Bundespolizei FBI haben nach einem Bericht der «Washington Post» jahrzehntelang massenhaft falsche kriminaltechnische Analysen geliefert. Dem Bericht zufolge, der sich auf neuste Untersuchungen unter anderem von Anwälten bezieht, hätten mehr als 95 Prozent der bisher untersuchten 268 Fälle ergeben, dass diese Analysen fehlerhaft gewesen seien und die Argumente der Anklage begünstigt hätten. Bei den betroffenen Prozessen habe es auch Todesurteile gegeben.
Die Zeitung spricht von einem der «grössten forensischen Skandale» in den USA. Beobachter gehen davon aus, dass das FBI zwischen 1980 bis 2000 in praktisch allen Gerichtsfällen falsche Beweise geliefert habe, wenn es um Spuren aus Haaren ging. Das Justizministerium hätte die Fehler bereits eingeräumt, berichtet die «Washington Post» weiter.
Auch das FBI seinerseits hat die Fehler bei der Erstellung wissenschaftlicher Gutachten eingestanden, die mit zur Verhängung der Todesstrafe führten. Die Behörde reagierte damit auf einen Bericht der Generalinspektion (OIG) des Justizministeriums, dem zufolge mindestens 60 Todesurteile auf fehlerhaften Gutachten oder zweifelhaften Zeugenaussagen basiert haben könnten. Drei der Verurteilten wurden bereits hingerichtet, elf sind während ihrer Haftzeit verstorben.
Das FBI versicherte, diese Fehler würden künftig vermieden. Zusätzlich zur Analyse von Haaren unter dem Mikroskop werde eine DNA-Analyse vorgenommen. Das Justizministerium und das FBI würden sich verpflichten, künftig grösstmögliche Genauigkeit bei Haaranalysen und anderen Analysen zu gewährleisten. Dafür würden «bedeutende Mittel» aufgewendet werden. Die betroffenen Todeskandidaten würden über die erfolgten Fehler informiert, und es werde dafür gesorgt, dass ihnen Gerechtigkeit widerfahre, hiess es in einer FBI-Mitteilung.
Die Generalinspektion hatte bereits 1997 in einem Bericht auf schwere Fehler bei Analysen aus einem FBI-Labor hingewiesen. In dem neuen Bericht kritisierte die Generalinspektion nun, dass das FBI daraus nicht die nötigen Lehren gezogen habe.
SRF 20. April 2015
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Invasion der Pflanzen
Japanischer Staudenknöterich, Riesen-Bärenklau oder Ambrosia: Die Einwanderung exotischer Gewächse bringt Europas Flora aus dem Gleichgewicht. Explosionsartig vermehren sich eingeschleppte Arten und vereinnahmen den Lebensraum der heimischen Pflanzenwelt. Die teils schwerwiegenden Folgen dieses Wettbewerbs untersuchen zahlreiche Wissenschaftler in ganz Europa.
Darunter ist auch der Biologe Guillaume Fried, der die Rolle des ältesten botanischen Gartens im südfranzösischen Montpellier erforscht. Denn ein Großteil der zugewanderten Pflanzen, wissenschaftlich "Neophyten" genannt, hat sich aus eben solchen Gärten oder Parks heraus verbreitet. Schön anzusehen, aber gefährlich für den Menschen sind Arten wie der Riesen-Bärenklau, das Schmalblättrige Greiskraut oder die Ambrosia.
Dabei geht vor allem von der Ambrosia (siehe Bild) eine große Gesundheitsgefahr aus: Ihre Pollen verursachen schwerwiegende Allergien. Ulf Gereke ist Mediziner im brandenburgischen Cottbus, der Region mit den dichtesten Vorkommen von Ambrosia in Deutschland. Entsprechend voll ist das Sprechzimmer des Allergiespezialisten. Ohne Desensibilisierung wären viele seiner Patienten nicht mehr in der Lage, ein normales Leben zu führen. Europaweit rechnen Wissenschaftler mit volkswirtschaftlichen Schäden von mehreren Hundert Millionen Euro jährlich, verursacht allein durch die Ambrosia. Deshalb suchen Mitarbeiter des Julius-Kühn-Instituts nach der besten Bekämpfungsmethode: Verbrennen, verbrühen, vergiften - was schädigt die Pflanze nachhaltig und verhindert eine weitere Ausbreitung?
In deutschen Gewässern sorgt zurzeit eine Pflanze für Probleme, die es hier bis vor kurzem überhaupt nicht gab. Das Großblütige Heusenkraut stammt ursprünglich aus Nordamerika. Biologe Andreas Hussner probiert an der Leda, einem Fluss in Ostfriesland, neue Strategien der Bekämpfung. Zum Teil muss er dabei mit seinem Team Hunderte von Pflanzen einzeln mit der Hand aus dem Fluss entfernen. Eine schwierige Aufgabe, die jedes Jahr erneut bewältigt werden muss. Im Harz fürchten Förster angesichts der explosionsartigen Verbreitung von Drüsigem Springkraut und Japan-Staudenknöterich um den ökologischen Wert ihrer Flussufer, und an der französischen Atlantikküste setzen Naturschützer Schafe im Kampf gegen die invasiven Gewächse ein. Langfristig drohen die heimischen Arten ganz zu verschwinden. Ob das Wettrennen gegen die eingewanderten Pflanzen überhaupt zu gewinnen ist, bleibt offen.
SFR, Juli 2015
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Grippe-Erreger trickst Impfstoff aus
Das Grippevirus H3N2 macht derzeit nicht nur den Erkrankten Kopfzerbrechen. Es ist der Erreger, der bei uns derzeit am stärksten verbreitet ist. H3N2 verursacht im Augenblick mehr als die Hälfte aller Grippefälle. Dumm nur, dass die Impfung gegen dieses Virus nicht wie gewünscht wirkt.
Derzeit schwappt mal wieder eine Grippewelle durch die Schweiz. Doch auch wer sich vorsorglich mittels Impfung wappnen wollte, kann dieser Tage leicht das Nachsehen haben. Denn der biologische Schutzwall funktioniert nicht so, wie geplant. Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit muss zugeben: «Das Grippevirus, das dieses Jahr die Grippewelle angeschoben hat, ist leider im Impfstoff nicht optimal abgedeckt.» Der Grund: Das Virus hat mutiert, es hat sich verändert, seit der Impfstoff im letzten Sommer produziert wurde. Normalerweise kein Problem, sagt Koch: Aber: «Die Viren mutieren sehr häufig. Manchmal gelingt es, den Impfstoff rechtzeitig anzupassen. Dieses Mal ist das leider nicht gelungen. Das letzte Mal, dass wir das gesehen haben, ist jetzt mehr als zehn Jahre her.».
Jan. 2015
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Spendenunwesen
Im Dickicht der Spendenindustrie
Es gibt viel Leid auf dieser Welt. Und es ist gut und sinnvoll, es mit einer Spende lindern zu wollen. So sammeln ganz unterschiedliche Hilfsorganisationen allein in Frankreich und Deutschland jährlich rund 6,5 Milliarden Euro an Spenden ein. Aber wie viel von diesem Geld kommt tatsächlich bei den Bedürftigen an? Und wer verdient noch an der Spendenbereitschaft der Menschen?
Rund 6,5 Milliarden Euro spenden Deutsche und Franzosen pro Jahr für einen guten Zweck. Eine ganze Industrie, die emotionale Spendenaufrufe verschickt, Hilfsorganisationen, Spendenwerber, Adresshändler - sie alle wollen ihr Stück von diesem riesigen Spendenkuchen. Stefan Loipfinger, Autor des Buches "Die Spendenmafia" und scharfer Kritiker der Branche, beobachtet gemeinnützige Organisationen und kommt zu dem Schluss: "Die breite Öffentlichkeit weiß nicht, dass ein Großteil des Geldes im Endeffekt häufig für den professionellen Werber verwendet wird."
Und diese Masche hat nicht selten System. 2009 erschütterte ein Spendenskandal Frankreich. Gleich mehrere Hilfsorganisationen wurden als Briefkastenfirmen enttarnt. Bis heute ermittelt die Justiz. Filmemacher Joachim Walther begleitet den Journalisten Etienne Gingembre bei seinen Recherchen vor Ort zu den Hilfsorganisationen. Sein Fazit: Immer mehr Gelder bleiben im System der Spendenindustrie hängen und immer weniger landen bei den wirklich Bedürftigen. Doch wohin fließen die Hilfsgelder? Wer verdient daran? Warum legen nur wenige Organisationen ihre Bilanzen offen? Und warum gibt es kaum Kontrollen? Die Schriftstellerin und Professorin Sylvie Brunel war eineinhalb Jahre Präsidentin einer großen französischen Hilfsorganisation. Sie sagt: "In der Welt der humanitären Organisationen herrscht das Gesetz der Omertà. Man darf nicht darüber sprechen, man darf nichts sagen, denn wenn man über eine Organisation negativ spricht, spricht man gleich über alle anderen auch negativ."
In großem Stil werden jedes Jahr Spender mit ausgeklügelten Kampagnen und teuren Bettelbriefen überflutet. Große Kinderaugen blicken aus Hochglanzbroschüren, in Lumpen gekleidete Menschen in Krisenregionen und erbärmlich aussehende Tiere buhlen um Hilfsbereitschaft. Mit professionellen Fotos und zusätzlich mit geschickten Psychotricks wird Mitleid erzeugt. Hinter den Kulissen gibt es weniger Hochglanz, dafür eine zunehmende Selbstbedienungsmentalität. Hilfsorganisationen sprechen zwar gern und bereitwillig über ihr erfolgreiches und nachhaltiges Wirken, schotten sich aber schnell ab, wenn man Arbeitsweise, Geldflüsse und Bilanzen hinterfragt. Die Spendenindustrie bildet ein dunkles Reich, denn sie unterliegt keinen Regeln. Es wird dubiosen Organisationen leichtgemacht, Spendengelder zu veruntreuen. Denn weder in Deutschland noch in Frankreich existieren wirkungsvolle Kontrollorgane, die sich um den Spendenfluss international operierender Hilfsorganisationen kümmern.
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Der Horror in der eigenen Truppe: Vergewaltigungen in der US-Armee
Sie sind voller Idealismus zum US-Militär gegangen – und von Soldaten der eigenen Einheit vergewaltigt worden. «Der unsichtbare Krieg»: Ein Oscar-nominierter Dokfilm zeigt den jahrelangen, oft vergeblichen Kampf der Opfer um Sühne.
Vor Kori Cioca liegen Medikamente, ein absurd anmutender Haufen Antidepressiva und Schmerzmittel. Die zierliche Frau aus Ohio nimmt sie seit fünf Jahren täglich. Seit ihr ein Vorgesetzter der US-Küstenwache den Kiefer brutal zertrümmert und sie vergewaltigt hat. Cioca leidet unter Angstzuständen und hat unsägliche Schmerzen im Gesicht. Ein Jagd-Messer und ein Kruzifix sind ihre ständigen Begleiter: «Die sollen mich beschützen.» Seit der Tat ist für sie nichts mehr, wie es war. Cioca will, dass ihr Peiniger zur Rechenschaft gezogen und ihr Leid anerkannt wird, sie kämpft dafür – bis heute erfolglos.
Ein verleugnetes Thema
Zwei Filmemacher aus den USA folgen nun dem Schicksal der jungen Kori Cioca und vieler Leidensgefährten. Sie nähern sich einem verleugneten, noch nie dokumentierten Thema. «Der unsichtbare Krieg» heisst das Werk von Kirby Dick und Amy Ziering. 2013 wurde es als bester Dokumentarfilm für einen Oscar nominiert.
Jede Fünfte ist ein Opfer
Der Film zeigt: Über 20 Prozent der Frauen in der US-Armee werden von Soldaten der eigenen Abteilung vergewaltigt – mit Alkohol abgefüllt, im Schlaf übermannt, mit einer Waffe überwältigt. Einige einmal, andere über Wochen. Nicht nur Soldatinnen werden zu Opfer: Ein Prozent ihrer männlichen Kollegen erleiden ebenfalls sexuellen Missbrauch. In absoluten Zahlen sind die männlichen Opfer sogar zahlreicher: 10'000 Männer und 9000 Frauen werden pro Jahr schätzungsweise vergewaltigt. Aussagen von Opfern, Angehörigen und Militärangestellten zeichnen das Bild eines gesellschaftlichen und politischen Skandals. Der Film zeigt viele Opfer, viele Schicksale. Diese Schicksale haben eine unerhörte Ähnlichkeit: Die Opfer wandten sich um Hilfe an Ranghöhere, die Vorgesetzten hätten ein Verfahren einleiten müssen.
Doch keines der Opfer wurde ernst genommen. Ermittlungen – wenn es welche gab – wurden eingestellt oder als nicht prioritär eingestuft. «Don’t cry over spilt milk», hiess es – man könne die Tat ohnehin nicht ungeschehen machen. Einer Stabsadjutantin wurde gesagt: «Rede nicht darüber. Die Armee könnte schlecht dastehen.»
Die Missbrauchsopfer leiden nicht nur, sie werden auch stigmatisiert, durch Gegenvorwürfe. Provokation, Ehebruch, unsittliches Verhalten, öffentlicher Rauschzustand – so lauten die Anschuldigungen.
Cioca und 15 Leidensgefährten erhoben Zivilklage gegen ihre Peiniger, doch wurde die Klage 2011 zurückgewiesen. Begründung: Eine Vergewaltigung in der Armee gehöre zum Berufsrisiko. Ohne Sühne können viele Opfer die Tat aber nicht verarbeiten. Dass ihr Leid nicht anerkannt wird, ist für viele qualvoller als die Tat selbst.
Und wer sind die Täter? Männer, die ihre Macht, ihre Überlegenheit demonstrieren wollen. Die meisten konnten ihre militärische Karriere unbeirrt fortsetzen. Im letzten Jahr wurden 3223 Fälle angezeigt, aber nur 529 Täter verurteilt. 175 von ihnen verbüssen eine Haftstrafe. Kori Ciocas Angreifer dient nach wie vor bei der Küstenwache.
Vor einer Weile hat sich Verteidigungsminister Leon Panetta den Dokfilm angeschaut. Zwei Tage später liess er alle Fälle sexueller Übergriffe an höhere Instanzen weiterleiten. «Der unsichtbare Krieg»: Für Kori Cioca und ihre Leidensgenossen geht er weiter.
SRF 24. Juni 2013
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Chinas enorme Rüstungsanstrengungen
Ein neues Kampfflugzeug zeigt, dass die chinesische Rüstungsindustrie technische Quantensprünge macht. In den USA reagiert man besorgt auf diese Entwicklung, während man in Europa die Tragweite offenkundig noch nicht begriffen hat. Das neue Kampfflugzeug J-20 zeigt, wohin der konstante westliche Technologietransfer führen kann
Dieser Tage sind, zweifellos in absichtsvoller Anzahl und Qualität, erste Bilder eines neuen chinesischen Kampfflugzeu ges an die Öffentlichkeit gelangt. Die Aufnahmen zeigen einen sehr grossen, langgestreckten Einsitzer mit ausgeprägten Stealth-Merkmalen, der auf dem Flugfeld des Flugzeug-Entwicklungsinstituts von Chengdu in Sichuan Rollversuche vornimmt.
Vorbilder im Westen
Die Konturen des J-20 genannten Prototyps zeigen, dass sich die chinesischen Entwickler zwar ähnlich wie die russischen Suchoi-Ingenieure eng an amerikanische Vorbilder anlehnen. So sieht der J-20 mit seinem Rumpfquerschnitt, den trapezförmigen Triebwerk-Einlass-Öffnungen und der einteiligen Cockpithaube von vorne dem amerikanischen F-22 Raptor verblüffend ähnlich. Aber man erkennt auch Details, die auf einen eigenständigen Umgang mit Tarnkappen-Techniken schliessen lassen, während andere Aspekte noch auf technische Defizite hinweisen. Dies scheint etwa bei den Canard-Flügeln, bei der Klappenbetätigung des Doppeldelta-Flügels oder bei den offenen Düsen der beiden Triebwerke der Fall zu sein. Westliche Beobachter gehen davon aus, dass der J-20 noch mit russischen Triebwerken ausgerüstet ist, die sein Potenzial nicht voll auszuschöpfen vermögen.
Eine genaue technische Bewertung des J-20 wird deshalb noch einige Zeit brauchen. Tatsache ist jedoch, dass die chinesischen Flugzeugbauer innert erstaunlich kurzer Zeit den Schritt von der vierten Kampfflugzeug-Generation (J-10 und J-11) zur fünften schafften und mit den russischen Mentoren, deren PAK-50-FA-Modell erst vor einem Jahr seinen Erstflug verzeichnete, praktisch gleichgezogen haben. Der J-10, bei welchem Israel einst Geburtshilfe geleistet hatte, war erst 1996 zum ersten Mal geflogen. Dies führt unweigerlich zu Fragen, die nicht nur mit dem technischen Entwicklungsstand des chinesischen Flugzeugbaus, sondern noch viel stärker mit dem politischen Rahmen dieser enormen Fortschritte zu tun haben.
Aus der Grösse des J-20 kann man auf die militärische Stossrichtung dieser Entwicklung schliessen. Es darf angenommen werden, dass dieses Flugzeug mindestens zwei, wenn nicht vier interne Waffenschächte aufweisen wird, in denen es eine grössere Anzahl von Lenkwaffen oder gelenkten Bomben tragen kann. Im chinesischen Inventar befinden sich einige Abstandswaffen, die nicht vom Flugzeug selbst ins Ziel gebracht werden müssen und mit denen der J-20 zu einer Angriffsplattform mit beträchtlicher Reichweite gemacht werden kann.
In westlichen Kreisen wird denn auch vermutet, dass das Flugzeug sogenannte Super-Cruise-Eigenschaften aufweist, das heisst, dass es ohne Nachbrenner mit Überschallgeschwindigkeit fliegen kann, was den Treibstoffverbrauch in Grenzen hält und einen grossen Aktionsradius erlaubt. Ein Einsatz als Abfangjäger wie beim amerikanischen Raptor scheint hier von Beginn weg nicht vorgesehen zu sein. Gegen eine solche Rolle, bei der es auch auf grosse Wendigkeit ankommt, spricht die Konfiguration des Flugzeugs.
Die US Navy im Visier
Wenn man das weitere Umfeld der chinesischen Rüstungsanstrengungen betrachtet, wird man schnell gewahr, dass der J-20 perfekt in ein Muster passt, welches man auch schon bei andern Waffengattungen erkennen kann und das vor allem in amerikanischen Fachkreisen seit einiger Zeit für eine gewisse Unruhe sorgt. China arbeitet mit Hochdruck daran, den Perimeter seiner Einflusssphäre auszudehnen und ihn im Einklang mit seiner enormen Wirtschaftskraft politisch und damit auch militärisch abzusichern.
Als grösstes Hindernis bei diesen Bemühungen, die seit Jahren ostentativ betrieben werden, wird die amerikanische militärische Präsenz in Südost- und Ostasien betrachtet, die auf gut ausgebauten Flugstützpunkten und vor allem den Flugzeugträger-Kampfgruppen beruht. Die Anwesenheit der amerikanischen Flotte hat namentlich im Konflikt zwischen China und Taiwan immer wieder eine für Peking höchst unangenehme Einschränkung bedeutet, die das chinesische Drohpotenzial beeinträchtigt. Zwar haben die Chinesen mit Hilfe russischen Know-hows versucht, sich eine eigene Trägerflotte aufzubauen. Aber seit einiger Zeit zeichnet sich ab, dass sich ihre Vorstellungen von der wirkungsvollsten Machtentfaltung gewandelt haben und die Strategen auf andere Weise der amerikanischen Präsenz zu begegnen versuchen.
Das Stichwort ist Reichweite. Die grösste Schwäche der amerikanischen Flugzeugträger ist es, dass sie relativ nahe ans Kampfgeschehen gelangen müssen, um ihre Flugzeuge wirkungsvoll einzusetzen. Wenn es aus chinesischer Sicht gelänge, die Träger auf Distanz zu halten, wäre eine fast unbeschränkte Vorherrschaft in dem als chinesisch betrachteten Einflussbereich gesichert. Dieser hat bis jetzt etwa das Südchinesische und Ostchinesische Meer bis nach Japan umfasst, in welchem die amerikanischen Träger allerdings weitgehend unbehelligt operieren konnten. Eine ernstzunehmende Bedrohung durch chinesische Flugzeuge oder Lenkwaffen gab es bisher kaum.
Die Verwundbarkeit nimmt zu
Dies könnte sich ändern. Wie die intensive Diskussion in amerikanischen Fachkreisen anzeigt, macht man sich einige Sorgen, dass neue Waffenentwicklungen die Verwundbarkeit der Flotte massiv verstärken könnten. Der Einsatz schneller, weitreichender und schlecht zu ortender Flugzeuge wäre in der Tat eine solche Bedrohung.
Der J-20 scheint exakt für diese Rolle entwickelt worden zu sein. Er stellt ein sehr wirkungsvolles Mittel der Machtprojektion dar, das von küstennahen Stützpunkten aus eingesetzt werden könnte. Das wird noch nicht morgen geschehen. Aber nach chinesischen Angaben soll der J-20 in weniger als zehn Jahren einsatzbereit sein, und an seinen Stationierungsorten wird man erkennen können, welche Rolle er spielen soll. Dies wird bestimmt nicht an der mongolischen Grenze der Fall sein.
Ein solches Szenario passt zum umfassenden, intensiven Aufbau einer schlagkräftigen Flotte durch China, aber auch zur offenkundigen Entwicklung neuer Offensivwaffen mit längerer Reichweite gegen grosse Schiffe. Seit einiger Zeit wird in Washington und in Marinekreisen intensiv über eine Variante der ballistischen DF-21-Lenkwaffe diskutiert, die angeblich mit einem lenkbaren konventionellen Sprengkopf ausgerüstet sein und dank Satellitendaten gegen bewegliche Ziele einsetzbar sein soll, also selbst gegen die schnell fahrenden Flugzeugträger. Ihre Reichweite soll bei 2000 Kilometern liegen, was in der Tat eine neue Bedrohung darstellen würde, denn ballistische Missile waren bisher gegen Schiffe nicht einsetzbar.
Die Entwicklung, die sich im Fernen Osten abzeichnet, ist höchst bedenklich, wenn auch keinesfalls überraschend. China rüstet seit Jahren auf, tut dies aber anders als andere Schwellenmächte auf einer breiten und konsequent mit allen Mitteln geförderten industriellen und intellektuellen Basis. Diese Grundlage ist von westlichen Ländern seit Jahren nach Kräften gefördert worden, indem zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Profite, aber gegen jede politische Vernunft ein technologischer Transfer geradezu gigantischen Ausmasses getätigt wurde, dessen Früchte der chinesische militärisch-industrielle Komplex nun zu ernten beginnt.
Dabei verhehlt man in China nicht, dass man direkt von den enormen westlichen Investitionen in zivilen Bereichen profitiert habe. Wenn Airbus, Boeing und fast alle andern westlichen Luft- und Raumfahrtunternehmen technische Spitzenprodukte in China herstellen lassen, muss man sich nicht wundern, dass dieses Know-how verzugslos in militärische Entwicklungen fliesst. Allein der amerikanische Konzern Honeywell hat zehn Firmen in China, und was nicht über die westliche Präsenz im Lande selbst beschafft werden kann, fällt den Chinesen dank ungemein aggressiver Industriespionage in die Hände. So klagte der amerikanische Flugzeughersteller Lockheed Martin unlängst, dass man bei mindestens sechs der Zulieferfirmen eine intensive chinesische Spionagetätigkeit habe feststellen müssen.
Europäisches Desinteresse
Der J-20 könnte anzeigen, dass der Point of no Return in dieser unsäglichen Kausalkette überschritten ist. Was die westliche Kurzsichtigkeit besonders akut macht, ist der Umstand, dass die erwähnten strategischen Entwicklungen nicht nur einige amerikanische Sicherheitskreise stören, sondern direkt fundamentale westliche Interessen tangieren, vor allem auch jene Europas. Die Seewege in Ostasien sind die wichtigsten Lebensadern des Welthandels, deren Offenhaltung seit Jahrzehnten allein die amerikanische Flotte sichert. Dieses Faktum wird namentlich in Europa fast schon als gottgegeben betrachtet, ohne dass man sich der fragilen Natur der Handelsfreiheit bewusst zu sein scheint. Der Preis für diese nonchalante Haltung gegenüber China könnte sich irgendwann als sehr hoch erweisen.
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Erb-Imperium: Millionensaläre trotz drohendem Bankrott
Es ist die grösste Firmenpleite in der Schweiz nach dem Swissair-Grounding. Die Erb-Gruppe hinterlässt Schulden von rund 2,2 Milliarden Franken. Die Anklageschrift bringt zudem ans Licht, dass sich die Verantwortlichen trotz bevorstehender Firmenpleite noch Millionensaläre ausbezahlt haben.
Gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung – 140 Seiten zählt die Anklageschrift gegen Rolf Erb, ehemaliger operativer Leiter des Erb-Imperiums. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der 59-Jährig von 1998 bis zum Kollaps des Imperiums im Jahr 2003 einen Jahreslohn von bis zu 1,2 Millionen Franken ausbezahlt hat. Obwohl der Konkurs der Firma absehbar war genehmigte sich auch der Vater Hugo Erb, gestorben im Juli 2003, ein Jahressalär von rund einer Million. Bruder Christian, gegen den die Ermittlungen eingestellt wurden, erhielt jeweils eine halbe Million Franken.
Rolf Erb steht Anfang 2012 in Winterthur vor Gericht. In den Jahren 1998 bis 2002 soll er rund 20 Banken und anderen Kreditgebern falsche Abschlüsse und Revisionsberichte vorgelegt haben, um so die finanzielle Lage und damit die Kreditwürdigkeit der Gruppe massiv zu beschönigen. Als Folge davon gewährten viele Banken, darunter die Credit Suisse, die UBS und die Migros-Bank Kredite in Millionenhöhe. Beim Zusammenbruch des komplizierten Firmengeflechtes schuldeten die Erbs ihren Geldgebern rund 2,2 Milliarden Franken. Ein Gutachten des Erb-Sanierers Hans Ziegler kam nach dem Kollaps zum Schluss, dass ohne diese Täuschung die immense Überschuldung der Erb-Gruppe bereits Mitte der 90er-Jahre ans Licht gekommen wäre – nicht erst beim Zusammenbruch im Dezember 2003.
Weiter soll Rolf Erb die Gläubiger bewusst geschädigt haben, indem er das Vermögen vor dem Kollaps verkleinerte. Er schenkte erhebliche Summen und das Schloss Eugensberg (TG) seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Zwillingssöhnen. Dieses Anwesen hat gemäss Anklageschrift einen Wert von 27 Millionen Franken. Die Knaben waren zum Zeitpunkt, an dem sie zu Schlossherren wurden, gerade mal zehn Monate alt. Der Angeklagte habe damals gewusst, dass es bei der Hugo Erb AG in absehbarer Zeit zu einem Zwangsvollstreckungsverfahren kommen würde, schreibt die Staatsanwältin in der Anklageschrift. Er habe somit in Kauf genommen, dass die Gläubiger geschädigt worden seien.
Der Angeklagte bestreitet bis heute, dass er sich strafbar gemacht hat. Allerdings räumte er 2006 ein, dass er durchaus eine Mitschuld am Zusammenbruch des Erb-Imperiums trage, weil er bei den Töchtern Volcafé, Uniwood und im Autoimportgeschäft operativ eine leitende Funktion ausgeübt habe. Im August gleichen Jahres veröffentlichte der Angeklagte im Selbstverlag ein Buch mit dem Titel «Hugo Erb 1918-2003», in dem er Leben und Werk seines Vaters beschrieb. Darin schiebt der Angeklagte die Hauptschuld seinem Vater zu. Hugo Erb habe nicht loslassen können und habe insbesondere die Finanzen bis zum Schluss kontrolliert.
Die Erb-Gruppe war 1920 in Form einer kleinen Reparaturwerkstätte in Winterthur-Töss gegründet worden. Bei ihrem Zusammenbruch umfasste sie 82 Firmen in vier Holdinggesellschaften und beschäftigte 4900 Mitarbeiter, davon 2500 in der Schweiz.
Nach dem Kollaps konnten einige Unternehmensteile gerettet werden, so etwa der Fenster- und Türenproduzent EgoKiefer und die Küchenfirma Piatti. Das Kerngeschäft mit dem Autoimport ging Ende 2003 an die belgische Firma Alcopa. Rolf Erb meldete 2004 Privatkonkurs an. Der Zusammenbruch der Erb-Gruppe gilt als zweitgrösste Firmenpleite der Schweiz, gleich nach dem Ende der Swissair.
Schweizer Fernsehen, 2. Mai 2011
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Der inhaftierte Ex-Anlagechef der BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich verdiente nebenher 140 000 Franken pro Jahr – mit dem Segen des Finanzdirektors.
Der Bestechungsskandal rund um die Zürcher Personalvorsorge BVK ist um ein Kapitel reicher: Der «NZZ am Sonntag» liegen Dokumente vor, die belegen, dass der inhaftierte und unterdessen fristlos entlassene Anlagechef der Kasse, D. G., einen überaus lukrativen Nebenjob pflegte. Zwar weiss die Öffentlichkeit seit August, dass D. G. neben den 20 Milliarden Franken der BVK seit 2004 auch eine zweite Kasse verwaltete – die Witwen-, Waisen- und Pensionskasse der Professoren der Universität Zürich (WWPK) mit einem Vermögen von rund 200 Millionen Franken. Ein Geheimnis war bisher aber die Höhe des Gehalts, das D. G. dafür bezog. Die jetzt aufgetauchten Dokumente lösen das Rätsel: D. G. liess sich für die Arbeit mit jährlich 140 000 Franken entschädigen, dies neben dem ordentlichen Gehalt für ein Vollpensum von zweifellos deutlich über 200 000 Franken.
D. G. erzielte also von 2004 bis zu seiner Verhaftung im Mai 2010 einen Verdienst, der durchaus im Bereich der sieben Regierungsmitglieder, damit aber weit ausserhalb des Zürcher Besoldungssystems lag. Bewilligt hatte Nebenerwerb und Zusatzverdienst 2004 Finanzdirektor Christian Huber (svp.). Offenbar gingen er und die Vorgesetzten von D. G. damals davon aus, dass man den erfahrenen Anlagechef nur mit finanziellen Zückerchen beim Staat halten konnte, auch wenn diese mit dem kantonalen Lohnsystem nicht vereinbar waren.
D. G. scheinen aber auch diese Einkünfte noch nicht gereicht zu haben. In Untersuchungshaft sitzt er, weil er für die Vergabe von lukrativen Anlage-Mandaten an externe Vermögensverwalter Gegenleistungen erhalten haben soll. Die Rede ist von Bestechungsgeldern in der Höhe von Hunderttausenden von Franken. Auch zwei dieser Vermögensverwalter waren vorübergehend in Untersuchungshaft, ein dritter ist es noch immer. Der Verdacht scheint sich zumindest teilweise bestätigt zu haben. Die amtierende Finanzdirektorin Ursula Gut entliess D. G. Mitte Juni gestützt auf einen Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft fristlos. Gut sprach damals von einem «eklatanten und massiven Vertrauensmissbrauch» über viele Jahre hinweg. D. G. bestreite sein fehlbares Verhalten über weite Strecken nicht.
Am Freitag haben die zuständigen Kommissionen des Zürcher Kantonsparlamentes bekanntgegeben, dass sie die Vorkommnisse um die BVK durch eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) untersuchen lassen wollen. Nachdem sich beide Kommissionen einstimmig dafür ausgesprochen haben, wird der Entscheid im Kantonsrat zur Formsache. Offen, und vom politischen Personal aufmerksam verfolgt, ist noch die Frage, wer die erst zweite PUK in der Geschichte des Kantons Zürich präsidiert. Das Blatt hat sich offenbar gegen den Präsidenten der Finanzkommission, Martin Arnold, gewendet. Gegen ihn spricht die potenzielle Häufung der Ämter. An seine Stelle könnte der SVP-Mann Bruno Walliser aus Volketswil treten. Im Rennen sind allerdings auch Jorge Serra (sp.), Nicole Barandun (cvp.) und Esther Guyer (Grüne).
Benjamin Tommer
12. September 2010, NZZ am Sonntag
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Die Langzeitfolgen von Ölkatastrophen
Das Gros der Schäden einer Ölpest ist oft nach wenigen Jahren überwunden. Doch manchmal sind die Folgen eines Ölunfalls noch nach Jahrzehnten sichtbar.
Niemand dürfte dieser Tage an Bildern der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vorbeigekommen sein. Auch diesmal sind es vor allem verölte Vögel und im Ölschlamm versinkende Strände, die die ökologischen Folgen des Unfalls eindringlich aufzeigen. Doch so verheerend die sofort sichtbaren Folgen einer solchen Katastrophe sein können – laut Experten sind die schlimmsten davon oft schon nach wenigen Jahren überwunden. Tatsächlich sei es selten, dass die Folgen einer Ölpest länger als 10 Jahre andauerten, heisst es. Selten – doch nicht ausgeschlossen, wie Fälle zeigen, in denen die Katastrophen noch nach 20 oder 30 Jahren spürbar sind.
Die «Exxon Valdez»
Die «Exxon Valdez» etwa lief 1989 im Prinz-William-Sund vor Alaska auf ein Riff. Der Tanker verlor 37 000 Tonnen Öl, das in der Folge über 2000 Kilometer Küstenlinie verschmutzte und unter anderem Hunderttausende Vögel und Tausende mariner Säugetiere tötete, darunter Robben, Seeotter und Wale. Die Folgen dieses Unfalls sind gut untersucht. Dabei zeigte sich, laut dem Exxon Valdez Oil Spill Trustee Council, das für die Aufarbeitung des Unfalls zuständig ist, dass sich selbst heute – mehr als 20 Jahre nach der Katastrophe – nicht alle betroffenen Tierpopulationen wieder erholt haben.
So befinden sich laut einem Bericht des Council etwa die Bestände der Seeotter in Gebieten, die stark verölt waren, auf dem Weg der Besserung, haben aber die Individuenzahlen und die Stabilität, die sie in nicht betroffenen Gegenden haben, noch nicht erreicht. Auch die Schwertwale machen Sorgen: Eine der zur Zeit der Ölpest im Sund lebenden Familiengruppen erholt sich offenbar nicht; ihre Kopfzahl sinkt. Die Heringe, die vor dem Unfall eine wichtige Einkommensquelle der heimischen Bevölkerung darstellten, sind laut dem Bericht weit seltener als vor dem Unfall.
Warum sich manche Arten nicht oder nur langsam erholen, ist unklar. So könnten vom Öl unabhängige Stressoren die Erholung erschweren; etwa bei bereits vor der Ölpest geschwächten oder empfindlichen Beständen. Die Schwertwale sind, wie es im Bericht heisst, mit Umweltgiften wie PCB belastet, und dies in einem Ausmass, das die Reproduktion beeinflussen könnte. Bei den Heringen dürften verschiedene Faktoren, etwa Krankheiten, zum Stagnieren der Bestände beitragen. Tatsächlich ist es laut Experten schwer zu sagen, ob eine Population unter direkten, späten Folgen einer Ölpest leidet oder ob sich die Umweltbedingungen in ihrem Lebensraum seit der Verschmutzung – unabhängig von dieser – so geändert haben, dass der Status des Bestandes anders ist als vor dem Unfall. Zudem gibt es oft wenig Daten zum Zustand vor der Ölpest und keine echten Vergleichsbestände.
Am Prinz-William-Sund existieren noch viel direktere «Andenken» an den Unfall: Forscher fanden bei Untersuchungen Jahre nach der Ölpest Öl, das in den Untergrund von Kies- und Schotterstränden gesunken – und zum Teil wenig verwittert ist, also möglicherweise biologisch aktiv ist. Inwieweit diese Ölreste noch immer das Wohlergehen von Populationen beeinflussen, ist unklar.
Bleibende Ölrückstände gibt es nicht nur im Fall der «Exxon Valdez». Nach dem Unfall der «Metula» 1974 in der Magellanstrasse vor Chile etwa wurden die Küsten nicht gereinigt. Laut der Ölexpertin Jacqueline Michel von der Firma Research Planning Inc. aus South Carolina hat sich damals eine dicke Schicht Öl in einer Salzmarsch abgelagert und befindet sich noch heute dort. Sogenannte Salzmarschen sind salzige Sumpfgebiete mit meist hoher, schilfähnlicher Vegetation. Zudem sei das Öl in geschützten Kiesstränden in den Untergrund gelangt, wo es Asphaltdecken gebildet habe, berichtet die Expertin. Ähnliches passierte nach der massiven Ölpest während des Golfkriegs 1991. Die geschützt liegenden Marschen und Watten, die damals verschmutzt und nicht gereinigt worden seien, hätten sich bis heute kaum erholt; an nicht gesäuberten Sandstränden sei das Öl teilweise bis zu einen Meter tief vergraben, so Michel.
Folgen schlecht vorhersehbar
Vorherzusehen sind die Konsequenzen eines Ölunfalls oft nur schwer – jede Ölpest sei anders, betonen die Fachleute. Viele Faktoren, darunter etwa die Art des Öls, die Jahreszeit oder das Wetter um den Zeitpunkt des Unglücks, spielten eine Rolle. Trotzdem gebe es Gemeinsamkeiten. So seien die besonders empfindlichen Species immer dieselben, sagt Jean-Claude Dauvin von der Universität Lille. Dasselbe gilt für die Ökosysteme. Risikofaktoren für Langzeitschäden sind laut Michel etwa eine starke Verschmutzung mit persistierendem Öl und ein geschütztes Milieu mit wenig Wellenaktivität, wie dies oft bei Salzmarschen oder Mangroven der Fall ist, die wie die geschützt liegenden Watten als besonders empfindlich gelten. So heisst es, dass etwa Mangroven mindestens 20 Jahre brauchen, um sich von einer Ölverschmutzung zu erholen. Erschwerend kommt hinzu, dass ausgerechnet diese Ökosysteme teilweise auch sensibel auf Reinigungen reagieren. Die Forscher müssen daher genau abwägen, ab welchem Verschmutzungsgrad gereinigt werden soll. Dauvin berichtet von den Salzmarschen auf der Ile Grande, die mit Öl verseucht wurden, als die «Amoco Cadiz» 1978 vor der Bretagne auf Grund lief. Hier habe sich gezeigt, dass sich die Marschen, die sich selbst überlassen blieben, schneller regenerierten als jene, die unter dem Einsatz schwerer Maschinen gereinigt wurden.
Ob und welche Langzeitschäden an den Küsten des Golfs von Mexiko auftreten werden, lässt sich laut Michel noch nicht absehen. Verölt worden sind bisher insgesamt gut 900 Kilometer, die am meisten betroffenen Habitate sind Sandstrände und Salzmarschen. Erstere seien leicht zu reinigen und könnten sich schnell erholen, wenn das Öl entfernt sei, so Michel. Bei den knapp 200 Kilometer Marschen, die das Öl mittel bis schwer verschmutzt habe, seien die Böden bis anhin nur wenig verölt. Ihr Erholungspotenzial sei daher gross, ausgenommen in stärker exponierten, bereits erodierenden Bereichen. Wie sich die Tierwelt erholen wird, muss sich ebenfalls erst zeigen – stark gefährdet sind etwa Arten, die ausschliesslich im betroffenen Gebiet vorkommen.
Stephanie Kusma
Über 27'000 verlassene Ölbohrlöcher im Golf von Mexiko
Es ist ein wahres Minenfeld unter Wasser: Im Golf von Mexiko verbergen sich mehr als 27'000 verlassene Öl- und Gasbohrlöcher. Weder Industrie noch Regierung kontrollieren, ob diese Löcher leck sind. Wie eine Recherche der Nachrichtenagentur AP zeigt, liegen diese Bohrlöcher teilweise seit Jahrzehnten brach, die ältesten wurden bereits in den 1940er-Jahren verlassen.
Besonders Besorgnis erregend sind laut AP 3'500 "temporär" verlassene Bohrlöcher. Für diese müssten die Ölkonzerne eigentlich innerhalb eines Jahres einen Plan für eine neuerliche Inbetriebnahme oder aber die dauerhafte Versiegelung präsentieren.
AP deckte allerdings auf, dass diese Vorschrift routinemässig umgangen wird und dass mehr als 1000 Bohrlöcher seit über zehn Jahren unversiegelt geblieben sind. Rund drei Viertel der vorübergehend verlassenen Bohrlöcher befinden sich seit über einem Jahr in diesem Status, viele sogar seit den 1950er- und 1960er-Jahren.
Oft Lecks bei verlassenen Bohrlöchern
Hinsichtlich der Gefahr der verlassenen Bohrlöcher für die Umwelt spricht AP von einem "Minenfeld". Denn in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass diese oft undicht seien. So kämpfe die Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency laut eigenen Angaben im Seegebiet von Louisiana und Texas mit leckenden Bohrlöchern. Und die für Bodenschätze zuständige Behörde der US-Regierung rapportiere Probleme mit mehreren verlassenen Bohrlöchern weiter draussen im Golf.
Stillgelegte Bohrlöcher können wieder "erwachen"
Laut Experten kann sich in verlassenen Bohrlöchern neu Druck aufbauen - so, wie ein Vulkan wieder erwachen kann. Zudem greifen Wasser und der Druck des Untergrunds den Zement und die verlegten Rohre an. Vor zweieinhalb Monaten ist die Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko gesunken. Seither treten aus dem Leck in rund 1'600 Meter Tiefe jeden Tag bis zu 9 Millionen Liter Öl aus und daran wird sich laut US-Behörden noch gut einen Monat lang nichts ändern. Die Arbeiten an den zwei Entlastungsbohrlöchern kämen zwar etwas besser voran als erwartet, beenden könne man sie aber nicht vor Mitte August. Erst dann könne das Austreten des Öl's verringert und dann das Leck gestopft werden. Ölfirmen behaupten, korrekt versiegelte Bohrlöcher im Meer seien nahezu ewig dicht. Das sieht Roger Anderson, Geophysiker der Columbia Universität, anders. Der Zement der Versiegelung könne brechen oder schrumpfen. Er altert, genauso wie er das bei Brücken und Autobahnen tut, sagt Anderson .
Keine Kontrolle
Obwohl die Wahrscheinlichkeit von Lecks hoch ist, werden stillgelegte Bohrlöcher in der Regel weder von Industrie noch Regierung kontrolliert. Vom US-Innendepartement erhielt AP keine Antwort auf die Frage, warum die verlassenen Bohrlöcher nicht inspiziert würden. Staatsbeamte schätzen, dass Zehntausende davon schlecht versiegelt seien, entweder weil sie verschlossen wurden, bevor die strikten Vorschriften für die Versiegelung erlassen wurden, oder aber weil die Ölfirmen diese umgangen hätten.
Staat überwacht Versiegelung nicht
Die für Bodenschätze zuständige US-Behörde dokumentiert die Versiegelung von Bohrlöchern zwar, kontrolliert sie aber nicht. Statt dessen verlässt sie sich auf die Angaben der Ölfirmen. So hat die Behörde laut AP auch nur vereinzelt Strafen wegen ungenügender Versiegelung ausgesprochen: In den Jahren 2003 bis 2007 wurden gerade mal sieben Unternehmen gebüsst.
Top Flop
Der Fall BP - kurzfristige Gewinne auf Kosten der Umwelt
BP hat versagt. Das Unternehmen war nicht auf einen solchen Unfall vorbereitet. Das langfristige Überleben des Unternehmens wurde der kurzfristigen Gewinnmaximierung geopfert. Doch die Schuld an der Katastrophe trägt letztlich der unstillbare Erdöl-Durst aller.
Der erste Versuch mit einer Riesenglocke musste wegen Eiskristallen abgebrochen werden, "Top Kill" scheiterte, "Top Cap" läuft, kann aber das Leck auch nicht definitiv versiegeln. Auch bei Gelingen wird weiter Erdöl austreten. Eine definitive Lösung vor August ist nicht in Aussicht. BPs Aktionen waren bisher in erster Linie ein Top Flop. Der BP-CEO Tony Hayward hat am Donnerstag eingeräumt, nicht über die nötige Technik zur Bekämpfung eines solchen Unfalls verfügt zu haben. "Es ist ohne Zweifel klar, dass wir nicht die Werkzeuge hatten, die man in seinem Werkzeugkasten haben will", sagte er gegenüber der Financial Times.
Risikoblindheit
Es mutet skandalös an, dass BP als einer der grössten Erdölkonzerne eher die grösste Erdölkatastrophe aller Zeiten in Kauf nimmt, als dass das Unternehmen rechtzeitig an der Bereitstellung der notwendigen Technik für die Bekämpfung solcher Unfälle gearbeitet hätte. Wie kann ein Unternehmen, das auch in grosser Meerestiefe Offshore-Bohrungen tätigt und somit schon seit Jahren mit dem Risiko eines grossen Unfalls rechnen musste, nicht auf einen solchen vorbereitet sein?
Parallelen zwischen der Erdöl- und Finanzbranche werden sichtbar. Wie schon die Finanzkrise zu Tage gebracht hat, ziehen Manager den kurzfristigen Gewinn vor und vernachlässigen langfristige Verlustrisiken systematisch. Die Entwicklung der Technik und eine über Jahre stetig in Bereitschaft stehende Unfallbekämpfungsabteilung hätten hohe Kosten verursacht. Da solche Kosten die kurzfristigen Gewinne und damit auch die Dividenden für Aktionäre und die Boni für Manager schmälern, hatte das Management aus kurzfristiger Optik wohl zu wenig Anreize, in einen "Werkzeugkasten" für die Krisenprävention und -bekämpfung zu investieren.
Kurzfristige Gewinnmaximierung als Grundübel
Für einen Manager ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass er genau dann am Steuer der Firma sitzt, wenn ein solcher Unfall geschieht. Ist es dann eines Tages dennoch soweit, sind die meisten Verantwortlichen, die Vorkehrungen für einen potenziellen Unfall hätten tätigen müssen, schon längst im Ruhestand. Der BP-CEO Tony Hayward hat jetzt eben einfach Pech gehabt und wünscht sich prompt sein "früheres Leben zurück". Eine Aussage, für die er sich umgehend entschuldigen musste. Angesichts den auf der Erdölplattform "Deepwater Horizon" verunfallten Arbeiter sorgte die Aussage für grosse Empörung.
Eine weiter eskalierende Erdölkatastrophe stellt für BP durchaus auch eine existenzielle Gefahr dar. Spekulationen um die unsichere Zukunft des Unternehmens nehmen zu. Der Fall zeigt exemplarisch, dass es für einen Erdölkonzern, der seinen Nutzen langfristig maximiert, ökonomisch rational wäre, schon vor einem entstandenen Unfall - trotz hoher Kosten - in die Technik zur Bekämpfung eines solchen zu investieren, da dies das langfristige Überleben des Unternehmens sichern kann. Wieso wird die langfristig Maximierung des Nutzens zuhanden des kurzfristigen Gewinns so oft so sträflich vernachlässigt?
Verzerrte Rationalität
Das überbewerten von kurzfristigen Gewinnen und vernachlässigen von langfristigen Risiken liegt in der Natur des Menschen. Dies zeigten 1979 schon Daniel Kahneman und Amos Tversky in ihrer "Prospect Theory". Darin lieferten sie Erklärungen dafür, wie Menschen Entscheidungen treffen, wenn sie sich mit unwägbaren künftigen Risiken und unbekannten Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen konfrontiert sehen.
Die Verhaltensforschung hat gezeigt, dass psychologische Faktoren häufig zu Wahrnehmungsverzerrungen und zu systematischen Fehlentscheiden führen. Davor sind auch Manager nicht gefeit. Eine Erkenntnis der Theorie: Menschen werden durch einen Verlust mehr belastet, als sie sich über einen gleich grossen Gewinn freün.
Menschen sollten dementsprechend stärker durch Verluste als durch Gewinne motiviert werden und mehr Energie in die Vermeidung von Verlusten als in die Erzielung von Gewinnen investieren. Es dürfte nicht schaden, solche Erkenntnisse künftig stärker in die Anreiz- und Bonus-Politik von Grossunternehmen einfliessen zu lassen.
Inkonsistente Entscheidungen über die Zeit
Aber gerade bei Entscheidungen über die Zeit hinweg verhalten sich Menschen oftmals nicht rational. Besonders in Fällen, wo der drohende Schaden in der Zukunft sehr gross ist aber die Eintretenswahrscheinlichkeit äusserst klein, ist das menschliche Hirn - durch die Evolution hauptsächlich auf das Leben in der afrikanischen Steppe vorbereitet - anscheinend in der modernen, hochkomplexen Welt überfordert und kann kaum die jeweils richtige Entscheidung fällen.
Menschen bewerten den heutigen Nutzen höher als denselben Nutzen in zehn Jahren. Dasselbe gilt auch für Kosten: Heute anfallende Kosten fallen stärker ins Gewicht, als in zehn Jahren anfallende Kosten. Ein Manager optimiert deshalb den Gewinn in erster Linie für seinen eigenen Zeithorizont - in der Regel sind dies ein paar Jahre. Kosten, die danach anfallen, kann er vernachlässigen.
Private Gewinne, allgemeiner Schaden
Nun sind die prohibitiv hohen Kosten für BP aber trotz geringer Wahrscheinlichkeit zur Realität der Gegenwart geworden. Die Vernachlässigung der Folgen in der Vergangenheit rächt sich umso stärker.
Auch wenn BP nun erklärt, man werde für die Schäden aufkommen und den Golf von Mexiko "von jedem Tropfen Erdöl säubern", ändert dies nichts daran, dass der Schaden für Mensch und Umwelt bereits angerichtet ist. Ein Teil des Schadens wird von der Allgemeinheit noch über Jahrzehnte hinweg getragen werden müssen. Ein Grossteil des Schadens wird sich monetär niemals abgelten lassen - sei es weil er nicht messbar, in der kausalen Kette nicht eindeutig BP zurechenbar ist, sei es weil Fische und Vögel keine Lobby haben oder einfach weil vor Gericht die teuersten Anwälte den Sieg davon tragen werden.
Hier zeigen sich weitere Parallelen zwischen der Erdöl- und der Bankbranche während der Finanzkrise. Gewinne wurden in beiden Branchen privatisiert, bei seltenen, aber eben doch vorkommenden Katastrophen werden die Verluste zu einem beträchtlichen Teil der Allgemeinheit übertragen.
Obama: wütend auf sich selbst?
"Ich bin über diese ganze Situation wütend", sagte US-Präsident in einer CNN-Talkshow. "Hier hat jemand die Konsequenzen seines Handels nicht zu Ende gedacht". Das stimmt für BP, aber es stimmt leider auch für die amerikanischen Bürger und ihren Präsidenten Obama. Ist der Präsident wütend auf sich selbst? Auf die von der Regierung gesprochenen Bewilligungen für Offshore-Bohrungen? Auf eine zu laxe Regulierung der Sicherheitsbestimmungen für solch riskante Bohrungen? Ist er wütend darauf, dass die USA Erdölkonzerne mit Steürerleichterungen in Milliardenhöhe unterstützen?
Letzteres soll nun ein Ende haben. Mit dem Geld will die Regierung jetzt plötzlich verstärkt alternative Energien fördern. Neü Offshore-Bohrungen wurden unter ein Moratorium gestellt. Auch Politiker leiden leider unter Wahrnehmungsverzerrungen.
Konsumenten als Hauptverantwortliche
Aber es wäre viel zu einfach, die Schuld an der Katastrophe Erdölkonzernen wie BP oder der US-Politik in die Schuhe zu schieben. Schliesslich sind die amerikanischen Bürger selbst zu einem hohen Grad Erdöl-abhängig. Die Konsumenten tragen mit ihrem Durst nach Erdöl die Hauptverantwortung dafür, dass immer abgelegenere Erdölfelder erschlossen werden müssen. Die Zunahme von Offshore-Bohrungen mitsamt den damit verbundenen Risiken sind die logische Folge.
Solange der Preis von Benzin an der Tankstelle nur einen Bruchteil aller externen Kosten des Erdöls spiegelt, wird die Nachfrage nach Erdöl zwangsläufig zu hoch bleiben. Ein zu tiefer Erdölpreis bremst die Entwicklung alternativer Energien, die weniger negative externe Effekte aufweisen. Das schwarze Gold wird noch lange begehrt bleiben, weil es im Hier und Jetzt einen grossen Nutzen bringt. Die Katastrophe im Golf von Mexiko ist nicht die letzte Ölpest.
Marco Metzler, NZZ 4. Juni 2010
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Grünes Licht für neue israelische Siedlung
Illegale Bauten in Cisjordanien. Isräls Verteidigungsminister(!) Barak hat die Baubewilligung für eine neue Siedlung in Cisjordanien erteilt. Ein selbst nach isrälischem Recht illegaler Aussenposten wird damit nachträglich legalisiert.
Trotz der öffentlich abgegebenen Versicherung des isrälischen Ministerpräsidenten Netanyahu, keine neuen Siedlungen in Cisjordanien zu bauen, hat die Regierung offenbar vor, auch ausserhalb bestehender Wohnanlagen weiter zu bauen. Verteidigungsminister Barak, der für die Bautätigkeit in den besetzten Gebieten zuständig ist, stimmte vor einigen Monaten dem Bau von 300 Wohneinheiten in einem auch nach isrälischem Recht illegalen Aussenposten in der Nähe der Siedlung Talmon nordöstlich von Ramallah zu. Die Baueingabe liegt öffentlich auf. Die von Architekten und Städteplanern gegründete Menschenrechtsorganisation Bimkom hat laut einer Mitteilung vom Dienstag gegen das Vorhaben Einsprache erhoben.
Bruch internationaler Versprechungen
Der Aussenposten mit dem provisorischen Namen Wasserreservoir-Hügel (ursprünglich waren an dieser Stelle lediglich Wasserbehälter vorgesehen) befindet sich etwa zehn Kilometer östlich der international anerkannten Grenze, der sogenannten grünen Linie. Er liegt rund sechs Kilometer jenseits des Sicherheitswalles, der von Isräl als möglicher Verlauf einer zukünftigen Grenzlinie betrachtet wird. In einem kritischen Bericht, den der ehemalige Ministerpräsident Sharon im Jahre 2005 in Auftrag gegeben hatte, war der Hügel als illegaler Aussenposten erwähnt worden. Sharon und sein Nachfolger Olmert hatten dem einstigen amerikanischen Präsidenten George W. Bush mehrmals versichert, die über hundert in dem Bericht namentlich erwähnten Aussenposten abzureissen. Bis anhin geschah in dieser Sache bis auf die Entfernung einiger meist unbewohnter Hütten, die von Jugendlichen umgehend wieder aufgebaut wurden, fast nichts. Unterdessen wurden auf dem Wasserreservoir-Hügel sechzig Hütten und Fertighäuser placiert.
Die vorgesehene Baubewilligung sieht zusätzlich zu den unautorisierten, schon bestehenden Wohneinheiten die Erstellung von 240 neuen Gebäuden vor. Laut den Angaben von Bimkom kämen die Bauten teilweise auf privaten palästinensischen Boden zu stehen, womit ein weiteres Versprechen des Ministerpräsidenten gebrochen würde. Netanyahu hatte in seiner programmatischen Rede vor zehn Tagen an der Universität Bar-Ilan erklärt, dass keine palästinensischen Grundstücke enteignet würden.
Der Aussenposten liegt nur einige hundert Meter von dem palästinensischen Dorf Al-Jania entfernt, dessen 1200 Einwohner grösstenteils von der Landwirtschaft leben. Der Zugang zu den Feldern führt über eine Strasse, die durch die Umzonung des Gebiets in die neue Siedlung zu liegen käme. Dadurch würde den Bauern, denen die Durchfahrt durch jüdische Siedlungen verwehrt ist, der direkte Zugang zu ihren Äckern verwehrt. Aus isrälischer Sicht käme eine Bauerlaubnis der nachträglichen Legalisierung eines unrechtmässigen Zustandes gleich. Für die Rechtsstaatlichkeit ergäbe sich somit ein bedenklicher Präzedenzfall. Im Umkreis der Siedlung Talmon gibt es laut Bimkom vier weitere unautorisierte Aussenposten, die nach einer Gutheissung der jetzigen Umzonung ebenfalls Anrecht auf eine nachträgliche Sanktionierung durch die isrälischen Behörden hätten.
24. Juni 2009, Neue Zürcher Zeitung
Israel will neue Kriegsschiffe durch Berlin finanzieren lassen
Die israelische Regierung will in Deutschland bei der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss zwei Kriegsschiffe und ein U-Boot bauen zu lassen. Für die Finanzierung soll die Bundesregierung aufkommen.
Das israelische Anliegen, in Deutschland bei der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss zwei Kriegsschiffe und ein U-Boot auf Kosten des deutschen Staates bauen zu lassen, hält Markus Kaim, Fachmann für Sicherheitspolitik an der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, für «nichts Ungewöhnliches«. Das liege ganz auf der Linie der israelischen Politik, sich mit bestimmten Erwartungen und Vorstellungen an die deutsche Bundesregierung zu wenden und mit einem Entgegenkommen zu rechnen.
Ungewöhnlicher hingegen scheint es, dass eine deutsche Werft, die sich nun zur Hälfte in arabischem Besitz befindet, für Israel von Deutschland finanzierte Waffen produzieren könnte. Denn erst vor knapp zwei Wochen ist das mehrheitlich staatliche, arabische Schiffbauunternehmen Abu Dhabi MAR Group eine enge, strategische Partnerschaft mit der zum Thyssenkrupp-Konzern gehörenden Werft Blohm + Voss eingegangen. Für den Bau von Militärschiffen wollen die beiden neuen Partner ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem Anteil von je 50 Prozent gründen.
Die militärische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel geht hingegen schon bis in die Fünfziger Jahre zurück und stellt eine Ausnahmesituation dar. Denn Israel leitet Deutschlands Verantwortung für seine Sicherheit vom Holocaust ab. Diese Haltung sei zu einem Eckpfeiler der deutschen Aussenpolitik geworden, sagt Kaim. Konkret zeigt sich diese Politik, über die innerhalb der deutschen politischen Klasse ein stabiler Konsens herrscht, in konkreter, militärischer Kooperation zwischen den beiden Ländern und finanzieller Unterstützung für Israel.
Dennoch bringt das deutsche Bekenntnis für die Sicherheit Israels die Regierung in Berlin in das Dilemma, das andere, zentrale Ziel ihrer Aussenpolitik zu unterlaufen: Den Frieden und die Stabilität im Nahen Osten zu unterstützen wie auch zu einer Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts beizutragen. Kritiker wie Otfried Nassauer, dem Leiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, werfen der deutschen Regierung vor, so den Konflikt im Nahen Osten anzuheizen, da Israel drei andere, zwischen 1999 und 2000 von Deutschland ausgelieferte U-Boote zu Atomabschussrampen umgebaut hatte.
Dagegen hält der deutsche Sicherheitsexperte Kaim es durchaus für realistisch, dass mehr Waffen in der Region nicht zu Krieg führen werden. «Der Iran will ganz offensichtlich aufrüsten. Vor diesem Hintergrund könnten deutsche Waffenlieferungen stabilisierend auf die Region wirken», sagt Kaim. Er schränkt jedoch ein, dass diese Waffen keine Notwendigkeit dafür darstellten, um ein «Gleichgewicht der Abschreckung» zwischen Israel und Iran herzustellen oder Israel die Möglichkeit einer Zweitschlagskapazität vom Wasser aus nach einem nuklearen Angriff auf sein Territorium einzuräumen. Über diese verfüge Israel schon längst, so Kaim.
Auch rein militärische Überlegungen rechtfertigen die Lieferung zweier MEKO Korvetten aus Sicht Kaims nicht. Israel habe in den vergangenen Jahren Radaranlagen, Raketenabwehrsysteme und Flugabwehranlagen in grosser Anzahl von den Vereinigten Staaten erhalten, weshalb unklar sei, wofür die deutschen Lieferungen nötig wären.
Das deutsche Verhalten kann zum Teil auch in der prekären wirtschaftlichen Lage begründet sein. Denn die Grossaufträge für die zwei Kriegsschiffe und ein U-Boot sichern Arbeitsplätze in Schifffahrtsbetrieben an der deutschen Nord- und Ostsee, die durch die Wirtschaftskrise stark getroffen sind.
24. Oktober 2009, NZZ Online
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Gericht stoppt 42-Millionen-Auftrag des Bundes an Microsoft
Ohne öffentliche Ausschreibung hat ein Bundesamt einen Grossauftrag an den Software-Konzern Microsoft vergeben.
Mit einer superprovisorischen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die Vergabe eines Bundesauftrags für 42 Millionen Franken an Microsoft gestoppt. Davon nicht betroffen sind Leistungen, die zum Funktionieren der Bundesinformatik nötig sind. Diese Leistungen dürfe das bei der Beschaffung federführende Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) weiterhin von Microsoft beziehen, teilte das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstagnachmittag mit. Materiell entschieden ist noch nichts.
Beschwerde von Open-Source-Anbietern
Gegen die Vergabe hatte eine Gruppe von Open-Source-Anbietern Beschwerde eingereicht. Sie bemängelten, der Auftrag sei nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Der Dreijahres-Auftrag im Umfang von rund 42 Millionen Franken war vom Bundesamt für Bauten und Logistik im freihändigen Verfahren an Microsoft vergeben worden, wie dem Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 1. Mai zu entnehmen ist. Der Auftrag beinhaltet unter anderem eine Verlängerung der Lizenzen, Wartung und Support.
Dass keine öffentliche Ausschreibung stattfand, löste bei den Open-Source-Anbietern heftigen Unmut aus. 18 Dienstleister aus diesem Umfeld schlossen sich in der Folge zu einer Gemeinschaft zusammen, die beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einreichte. (vin/sda)
Tages-Anzeiger Zürich: 28.05.2009
Solothurn hat auf Open Source umgestellt und spart Millionen
Der Bund hat die Lizenzverträge mit Microsoft für 42 Millionen Franken verlängert. Anders entschied vor acht Jahren Solothurn, indem es Linux flächendeckend installierte. Der Kanton spart seither viel Geld und verfügt erst noch über flexiblere EDV-Systeme.
Die fragwürdige Vergabe eines 42-Millionen-Franken-Auftrages durch den Bund an Microsoft unter Ausschaltung des Wettbewerbs sorgt weiterhin für Irritationen (NZZ 6. 5. 09). Die Motive für den Verzicht auf sogenannte Open-Source-Software (OSS) bleiben zumindest teilweise schwer nachvollziehbar – ein Eindruck, der noch verstärkt wird, wenn man die Erfahrungen im Kanton Solothurn betrachtet. Als die Kantonsfinanzen im Jahre 2001 wegen des zurückliegenden Kantonalbanken-Debakels am Boden lagen, fällte die Regierung unter Kostendruck einen mutigen Entscheid, der sich auszahlen sollte: Mit dem Einsatz von OSS anstelle von proprietärer Software wollte man nicht nur die Informatikausgaben drücken, sondern auch die Abhängigkeit von Anbietern vermindern. Auch acht Jahre später ist Solothurn der einzige Kanton, der diese Massnahme konsequent vollzieht.
Spezifische Lösungen möglich
Wenngleich die Reaktionen der User, die Solothurns oberster IT-Leiter Kurt Bader mitunter zu hören bekommt, längst nicht immer schmeichelhaft sind, ist die Bilanz des Experimentes positiv. Um rund zehn Prozent konnten die Ausgaben im Informatikbereich im Vergleich mit jenen für eine konventionelle Lösung gesenkt werden – jährlich wiederkehrend, versteht sich, wobei Zusatzkosten, beispielsweise für Umschulungen, bei den Berechnungen berücksichtigt werden. Jedes Jahr spare der Kanton so weit über eine Million Franken, sagt Bader. Er räumt zwar ein, dass sich die Reduktion nicht bis auf den letzten Franken belegen lasse. Eine Rückkehr zu den alten Systemen ist im Kanton Solothurn kein Thema. Inzwischen sind alle Geräte umgerüstet, die Benutzer geschult, und 1300 Mitarbeiter nutzen OSS. Bis Ende 2010 sollen alle 2000 Verwaltungsangestellten ihre tägliche Arbeit mit dem Linux-Desktop verrichten.Die Vorteile von OSS-Lösungen beschränkten sich indessen längst nicht nur auf finanzielle Aspekte, erklärt Bader. Das System sei «beherrschbarer», weil die Abhängigkeiten geringer seien und die Komplexität vermindert werden könne. Zahlreiche Anwendungen sind Web-basiert, das heisst nicht an das Betriebssystem geknüpft. Änderungen am einen Ort erfordern deshalb in den meisten Fällen keine Anpassungen in anderen Bereichen. Auf spezifische Bedürfnisse des Kantons kann dank dem offenen Quellencode besser eingegangen werden. Dass davon und von sonstigen Support-Arbeiten vermehrt regionale oder zumindest schweizerische statt grosse internationale Unternehmen wie Microsoft profitieren können, erweist sich nach Ansicht von Bader als weiteres Plus. Und weil OSS lizenzfrei kopiert werden kann, könnten andere Kantone Solothurns Lösungen übernehmen.
Microsoft recently announced the creation of the Codeplex Foundation.
What does it mean for free software? FSF president Richard Stallman responds.
Lest CodePlex Perplex by Richard M. Stallman, President
Many in our community are suspicious of the CodePlex Foundation. With its board of directors dominated by Microsoft employees and ex-employees, plus apologist Miguel de Icaza, there is plenty of reason to be wary of the organization. But that doesn't prove its actions will be bad.
Someday we will be able to judge the organization by its actions (including its public relations). Today we can only try to anticipate what it will do, based on its statements and Microsoft's statements.
The first thing we see is that the organization ducks the issue of users' freedom; it uses the term "open source" and does not speak of "free software". These two terms stand for different philosophies which
are based on different values: free software's values are freedom and social solidarity, whereas open source cites only practical convenience values such as powerful, reliable software.
Evidently Microsoft would rather confront the practical competition of open source than the free software movement's ethical criticism. Its long standing practice of criticizing only "open source" does double
duty: attacking one opponent while distracting attention from the other.
CodePlex follows the same practice. Its stated goal is to convince "commercial software companies" to contribute more to "open source". Since nearly all open source programs are also free software, these programs will probably be free, but the "open source" philosophy doesn't teach developers to defend their freedom. If they don't understand the importance of this freedom, developers may succumb to Microsoft's ploys encouraging them to use weaker licenses that are vulnerable to "embrace and extend" or patent co-optation, and to make free software dependenton proprietary platforms.
This foundation is not the first Microsoft project to bear the name "CodePlex". There is also codeplex.com, a project hosting site, whose list of allowed licenses excludes GNU GPL version 3. Perhaps this
reflects the fact that GPL version 3 is designed to protect a program's free software status from being subverted by Microsoft's patents through deals like the Novell-Microsoft pact. We don't know that the CodePlex Foundation will try to discourage GPL version 3, but it would fit Microsoft's pattern.
The term "commercial software companies" embodies a peculiar confusion. Every business is by definition commercial, so all software developed by a business--whether free or proprietary--is automatically commercial software. But there is a widespread public confusion between "commercial software" and "proprietary software". (See http://www.gnu.org/philosophy/words-to-avoid.html.)
This confusion is a serious problem because it falsely claims free software business to be impossible. Many software companies already contribute to free software, and these commercial contributions are
quite useful. Perhaps Microsoft would like people to assume these facts are impossible.
Based on these facts, we can see that CodePlex will encourage developers not to think about freedom. It will subtly spread the idea that free software business is impossible without the support of a proprietary software company like Microsoft. However, it may convince some proprietary software companies to release additional free software. Will that be a contribution to computer users' freedom?
It will be, if the software thus contributed works well on free platforms, in free environments. But that is just the opposite of what Microsoft has said it seeks to achieve. Sam Ramji, now president of CodePlex, said a few months ago that Microsoft (then his employer) wanted to promote development of free applications that encourage use of Microsoft Windows
That would be harmful if it succeeds, because a program that doesn't run (or doesn't run well) in the Free World does not contribute to our freedom. A non-free program takes away its users' freedom. To avoid being harmed in that way, we need to reject proprietary system platforms as well as proprietary applications. CodePlex free add-ons to a proprietary base increase society's dependence on that base -- the opposite of what we need.
Will free software application developers resist this attempt to undermine our progress towards freedom? Here is where their values become crucial. Developers that adhere to the "open source" philosophy,
which does not value freedom, may not care whether their software's users run it on a free operating system or a proprietary one. But developers who demand freedom, for themselves and for others, can
recognize the trap and keep out of it. To remain free, we must make freedom our goal.
If the CodePlex Foundation wishes to be a real contributor to the free software community, it must not aim at free add-ons to non-free packages. It needs to encourage development of portable software capable of running on free platforms based on GNU/Linux and other free operating systems. If it tries to seduce us into going in the opposite direction, we must make sure to refuse.
However good or bad the CodePlex Foundation's actions, we must not accept them as an excuse for Microsoft's acts of aggression against our community. From its recent attempt to sell patents to proxy trolls who could then do dirty work against GNU/Linux to its longstanding promotion of Digital Restrictions Management, Microsoft continues to act to harm us. We would be fools indeed to let anything distract us from that.
Copyright 2009 Richard Stallman Verbatim copying and distribution of this entire article are permitted worldwide without royalty in any medium provided this notice is preserved.
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Seit Jahrzehnten angeprangert und trotzdem noch immer Alltag bei Politikern und auf Ämtern, von der Gemeindeebene bis zur Landesregierung, in der Schweiz, Deutschland, Oesterreich, Italien, Frankreich...
Dankbare Themen in allen Medien sind Steuerhinterziehung, Sozial- und Versicherungsbetrug, kurz alle Straftaten in denen der Bürger zum Verbrecher am Staat deklariert werden kann. Stolz melden dann auch selbige Medien die Erfolge von Polizei, Sozialdetektiven und und anderen verdeckt arbeitenden Schnüfflern die Resultate, die ja schlussendlich nur zum Wohl der unbescholtenen Steuerzahler erzielt worden sind.
Was aber, wenn die Organe des Staats zu Verbrechern an seinen Bürgern werden? Vieles wird aufgedeckt, einiges gesühnt, das Meiste unter den Teppich gekehrt. Zwei Bücher zu unerhörten Fällen und die neueste Meldung aus der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 12. April 2009:
12. April 2009, NZZ am Sonntag
«Brandschwarz angelogen»
Neue Ungereimtheiten in der Fax-Affäre um den Untersuchungsrichter Ernst Roduner
Darf ein Staatsangestellter dem obersten Aufsichtsgremium des Parlaments brisante Tatsachen bewusst verschweigen? In der Affäre um den entlassenen Untersuchungsrichter Roduner ist genau dies geschehen.
Die Affäre um den ehemaligen Untersuchungsrichter Ernst Roduner zieht weitere Kreise. Roduner, der mit heiklen Dossiers wie den Ermittlungen im Fall Holenweger und den Hells Angels betraut war, hatte sich im Sommer 2008 selber ein Fax mit Drohungen zugesandt und Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Finte flog auf, Roduner musste seinen Posten räumen.
Nach aussen hin wurden für Roduners Abgang irreführend «gesundheitliche Gründe» angegeben, wie es in einem im Juli 2008 veröffentlichten Communiqué der übergeordneten Instanz, dem Bundesstrafgericht, hiess. Erst ein halbes Jahr später, im Januar 2009, räumte das Gericht den wahren Sachverhalt ein. Es sei nun «der Zeitpunkt gekommen, um der Öffentlichkeit über die weiteren Hintergründe des Ausscheidens konkrete Angaben zu machen». Die Ermittlungen in der Sache Roduner wegen Irreführung der Justiz wurden an den Kanton Zürich abgetreten.
Dass das Bundesstrafgericht und Roduners Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt während eines halben Jahres die Öffentlichkeit in falschem Glauben gelassen haben, hat bereits im Januar Spekulationen genährt, dass hier etwas hätte vertuscht werden sollen. Wie interne Dokumente nun belegen, war die Desinformation durch die Justizbehörden aber noch viel weitergehend als bisher bekannt: Auch die parlamentarische Oberaufsicht, die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats, war mit Halbwahrheiten abgespeist worden.
Amtliche Vernebelung
Schauplatz der amtlichen Vernebelungsaktion war Zürich. Eine Dreierdelegation der zuständigen GPK-Subkommission hatte sich dort am 25. November 2008 bei der Aussenstelle des Eidgenössischen Untersuchungsrichteramts (URA) zu einem Dienststellenbesuch eingefunden. Nebst den Nationalräten J. Alexander Baumann (svp.), Edith Graf-Litscher (sp.) und Brigit Wyss (gp.) waren an der Besprechung URA-Chef Jürg Zinglé sowie der Präsident des Bundesstrafgerichts, Alex Staub, zugegen. Ein Mitarbeiter der Parlamentsdienste hielt den Sitzungsverlauf in einem «Arbeitspapier» fest. Laut diesem erhielten die Parlamentarier auf die Frage nach Roduners Weggang die Antwort, dieser sei «einzig gesundheitlich bedingt gegenüber der ursprünglichen Planung vorzeitig vollzogen worden».
Die Auskunft stammte von URA-Chef Jürg Zinglé, und sie war – schlicht falsch. Zinglé wusste genau, weshalb Roduner gehen musste. Weshalb hat er die wahren Gründe verschwiegen? Zinglé sagt, er könne sich nicht mehr erinnern, «was genau gesagt wurde». Dagegen wisse er noch ganz genau, dass er schon am 27. August 2008 gegenüber der GPK-Subkommission «auf Frage bestätigt habe, dass gesundheitliche Gründe zum sofortigen Rücktritt von Herrn Roduner geführt hätten». Dass dies auch damals schon falsch war, findet der Chef des URA offenkundig unproblematisch. Er habe sich an die per Communiqué festgelegte Begründung des Bundesstrafgerichts gehalten.
Der Präsident des Bundesstrafgerichts, Alex Staub, findet das in Ordnung. Die Frage, ob Zinglé nicht gehalten gewesen wäre, dem höchsten, vom Volk gewählten Aufsichtsorgan die volle Wahrheit zu sagen, beantwortet er mit «Nein». Die Zuständigkeit für Informationen habe beim Bundesstrafgericht gelegen – also bei ihm. An der Sitzung in Zürich hat sich allerdings Staub nicht zu Wort gemeldet.
Pflicht zur Wahrheit
In einer Sitzung der GPK-Subkommission vom 17. Februar – mittlerweile hatte die Kommission die wahren Grün- de für Roduners Weggang erfahren – herrschte wegen der Auskunft Zinglés Aufruhr. SVP-Nationalrat Baumann, der die parlamentarische Delegation in Zürich angeführt hat, zeigte sich verärgert. Auf seinen Zwischenruf hin stellte auch Subkommissions-Präsidentin Maria Roth-Bernasconi (sp.) laut Sitzungsprotokoll fest: «Hr. Zinglé hat Hrn. Baumann und seine Kollegen brandschwarz angelogen.»
Sind Bundesbeamte nicht verpflichtet, der GPK die volle Wahrheit zu sagen? Die Frage hat die GPK vor einem Jahr mit einer verbindlichen «oberaufsichtsrechtlichen Feststellung» geregelt. «Sämtliche Personen im Dienst des Bundes sind verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäss Auskunft zu erteilen», heisst es da. Dies gelte ohne Einschränkung und auch bei Sachverhalten, die dem Amts- oder Untersuchungsgeheimnis unterlägen. Die Regeln wären also klar gewesen. Die GPK hat eine Untersuchung der Affäre Roduner angeordnet. Dabei ist auch Zinglés Auskunft an die GPK ein Thema.
Pascal Hollenstein
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Kalifornien vor einem Liquiditätsengpass
Nicht nur Banken und die Autoindustrie befinden sich in den USA in Schwierigkeiten, auch Kalifornien steckt in einem Finanzengpass. Der grösste Gliedstaat hat kaum mehr Zugang zu Bankkrediten, um einen Liquiditätsengpass zu überbrücken. Es wird Bundeshilfe angefordert.
Die Hilfestellungen der amerikanischen Zentralregierungen könnten demnächst um ein weiteres Kapitel «angereichert» werden. Vor ein paar Tagen hat der Treasurer Kaliforniens einen Brief an Finanzminister Geithner geschrieben, in dem er ihn um Garantien bittet, damit sein Staat einen Liquiditätsengpass durch Bankenkredite decken kann. Während ein Grossteil der Ausgaben Kaliforniens im ersten Halbjahr anfällt, treffen die Einnahmen schwerpunktmässig erst im zweiten Semester ein.
Wie Treasurer Bill Lockyer in seinem Brief ausführt, wird Kalifornien im Juli weitgehend das Geld ausgehen (vgl. auch NZZ vom 23./24. 5. 09). In der Regel ist eine Überbrückungsfinanzierung mit sogenannten TRAN (Tax and Revenue Anticipation Notes) kein Problem. Die Käufer dieser Wertpapiere können damit rechnen, dass sie aus den im Herbst eingehenden Staatseinnahmen zurückbezahlt werden. Mittlerweile ist dieses Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit Kaliforniens angeschlagen. Ohne Bankgarantien sind solche Notes nicht mehr an den Mann zu bringen, und die Banken sind mittlerweile auch nicht mehr bereit, solche Garantien selbst zu hohen Kommissionen abzugeben. Die kurzfristige Mittelaufnahme wird damit fast unmöglich oder zumindest prohibitiv teuer. Lockyer schreibt, dass ohne diese Überbrückungsfinanzierung die Entlassung vieler Polizisten und Feuerwehrleute droht und die Überweisungen an die Schuldistrikte stark gekürzt werden müssten. Nun verbietet die Verfassung dem Bund, direkte Garantien für die Mittelaufnahme von Gliedstaaten auszusprechen. Der kalifornische Treasurer hat dafür aber bereits eine Lösung parat.
Indirekte Garantie Washingtons
Washington solle nicht Kalifornien direkt helfen, sondern auf dem Umweg über die Banken. Sollten die Banken bei ihrer Garantiegewährung Verluste erleiden, würde sie der Zentralstaat schadlos halten. Und da es bereits ein Gesetz zur Rettung des Bankensektors gebe, könnten die dort noch verfügbaren Gelder für diesen Zweck ausgegeben werden. Unmittelbar wäre dies eine Hilfe an die Banken und damit mit dem Buchstaben des 700-Mrd.-$-Hilfspakets für den Finanzsektor vereinbar. Faktisch wäre es natürlich eine Hilfe an einen Gliedstaat. Lockyer schreibt, dass Washington nicht daran gelegen sein könne, dass Kalifornien in eine Schuldenkrise gerate; das würde auch negativ auf die gesamte US-Wirtschaft ausstrahlen. Kalifornien ist in der Tat keine «quantité négligeable»; sein Bruttoinlandprodukt wird nur von sieben Ländern auf der Welt übertroffen.
Selbstverständlich wäre es für Kalifornien ein Leichtes, wie in den Vorjahren den Liquiditätsengpass zu überbrücken, wenn die Staatsfinanzen im Lot wären. Das sind sie aber bei weitem nicht. Der Gliedstaat an der Pazifikküste leidet unter stark gesunkenen Steuereinnahmen und folglich unter einem riesigen Loch im Haushalt, das je nach Berechnungsweise bis 40 Mrd. $ beträgt. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Kalifornien unter der Immobilienkrise besonders stark zu leiden hat (der Boom war dort zuvor auch besonders ausgeprägt); die Arbeitslosigkeit liegt mit 11% deutlich über dem Landesdurchschnitt. Ausserdem sind die Steuereinnahmen in diesem Staat besonders volatil, weil ein relativ grosser Prozentsatz aus der Einkommensbesteuerung von Reichen stammt. Bei diesen sind die Kapitalerträge eine wichtige Bemessungsgrundlage, und diese sind in der jüngsten Krise stark zurückgegangen. Schliesslich führen verschiedene institutionelle Gründe dazu, dass es in Kalifornien besonders schwierig ist, Steuern zu erhöhen oder Ausgaben zu reduzieren. In diesem Zusammenhang wird zuweilen davon gesprochen, dass Kalifornien schlicht unregierbar sei. All diese Gründe sind auch den Geldgebern und sogar den Rating-Agenturen (Kalifornien weist mit «A» die schlechteste Bonität aller US-Gliedstaaten aus) nicht verborgen geblieben. Daher zeichnet sich ab, dass der grosse Westküstenstaat ohne Bundeshilfe tief in die Bredouille geraten wird.
Kalifornien muss 40'000 Gefangene freilassen
Gericht rügt Überbelegung der Haftanstalten
Ein amerikanisches Gericht hat die Freilassung von mehr als 40'000 Häftlingen aus kalifornischen Gefängnissen angeordnet. Die Justizverwaltung muss innerhalb von 45 Tagen darlegen, wie sie die Überbelegung der Anstalten reduzieren will. Dieses Urteil fällte eine dreiköpfige Jury am Dienstag. Zum Schutz der Gesundheit der Häftlinge gaben die Richter als Obergrenze eine Belegung von 137,5 Prozent vor. Dies bedeute, dass die Zahl der Insassen in den 33 kalifornischen Gefängnissen um 40'591 reduziert werden müssten, von 150'000 auf 110'000. Eigentlich sind die Gefängnisse für knapp 80'000 Insassen ausgelegt.
Die Unterbringung von körperlich und psychisch kranken Häftlingen müsse verbessert werden, forderten die Richter. Trotz Milliardenausgaben komme es in den Haftanstalten weiter zu Selbstmorden und Todesfällen wegen schlechter medizinischer Versorgung, hiess es. Bereits zuvor hatten Bundesgerichte entschieden, dass die ungenügende Versorgung der Häftlinge deren von der Verfassung garantierten Rechte verletze.
Die Gefängnisbehörde kritisierte die Anordnung als gefährlichen Präzedenzfall und kündigte einen Einspruch dagegen an. Kalifornien habe seine Gefängnisse bereits renoviert und das medizinische Personal aufgestockt, um die Versorgung der Insassen zu verbessern, betonte Matthew Cate, der Chef der Behörde.
Der mit grossen Finanznöten kämpfende Staat hatte zudem ohnehin schon angekündigt, es sollten als Sparmassnahme bis zu 37'000 Gefangene entlassen werden, die gesundheitlich angeschlagen sind oder nur zu kurzen Haftstrafen verurteilt wurden.
5. August 2009 NZZ Online
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Noch ein Schritt bis zur Impf-Diktatur in der Schweiz
Vorbehältlich der Möglichkeit, dass untenstehende Meldung der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 16.2.2009 ein vorgezogener Aprilscherz ist, befinden wir uns in der Gefahr, dass die Pharmaindustrie mit Hilfe von inkompetenten oder korrupten Politikern und Amtsvorstehern die Kontrolle über die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung übernehmen will. Dieser Schritt dient ausschliesslich dazu, die Bevölkerung in einen latenten Zustand der Verunsicherung über ihre Gesundheit, bzw. ihren Krankheitszustand zu versetzen, um so jedermann von den Pharmaprodukten abhängig zu machen.
Gesundheitsdirektoren prüfen Massnahmen zur Ausrottung der Krankheit. Die kantonalen Gesundheitsdirektoren denken über die Einführung eines Impf-Obligatoriums gegen Masern nach. In Übereinstimmung mit den Zielen der WHO sind die Gesundheitsdirektoren der Ansicht, dass die Krankheit ausgerottet werden müsse.
Der Vorstand der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) will wegen der besorgniserregenden Lage bei der Verbreitung von Masern als ultima ratio ein Impfobligatorium prüfen.
In Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) strebt die GDK das Ziel an, die Masern auszurotten, wie sie am Montag mitteilte.
Sie ist deshalb bereit, sich zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) dafür einzusetzen, dass innerhalb nützlicher Frist alle «angemessenen und nötigen Mittel im Hinblick auf eine entsprechende Zielerreichung eingesetzt werden».
Eine Voraussetzung dafür sei eine ausreichend hohe Durchimpfrate von 95 Prozent der Bevölkerung. Um diese zu erreichen, seien zusätzliche Anstrengungen erforderlich.
Im äussersten Fall ein Obligatorium
«Falls sich erweisen sollte, dass mit allen anderen praktikablen Massnahmen dieses Ziel nicht erreichbar ist, müsste aus Sicht des Vorstandes der GDK auch die Einführung eines Masern-Impfobligatoriums in der Schweiz ernsthaft geprüft und ins Auge gefasst werden», schreibt die GDK weiter.
anno69
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Drohnen: Sensemänner und Raubtiere hoch zu Luft
Seit fast zwanzig Jahren führen der US-Geheimdienst CIA und die US Air Force Kriege mit unbemannten Flugsystemen, sogenannten Drohnen. Eine anfangs skeptisch beäugte Technologie entpuppt sich als Schlüsseltechnologie zukünftiger Kriege und steht ganz oben auf der Wunschliste der Militärs – weltweit.
Drohnen haben viele Gesichter: Sie überwachen Autobahnen, fliegen defekte Pipelines ab und jedermann kann sie als fliegendes Spielzeug im Internet kaufen und damit seinen Spass haben. Als fliegende Überwachungs- und Kampfsysteme verbreiten unbemannte Flugsysteme wie «Reaper» (dt. ‹Sensenmann›) oder «Predator» (‹Räuber, Raubtier›) jedoch Angst und Schrecken.
In Ländern wie Afghanistan, Pakistan, Jemen und Mali ist der Dohnenkrieg gegen mutmassliche Terroristen an der Tagesordnung, mit verheerenden Folgen. Seit 2004 kamen in Pakistan und Afghanistan schätzungsweise 3300 Menschen, darunter Frauen und Kinder, durch Drohnenangriffe ums Leben. Darüberhinaus werden Drohnen das Gesicht zukünftiger Armee-Konflikte nachhaltig prägen: Schon heute übersteigt die Anzahl der ausgebildeten Drohnenpiloten der US-Luftwaffe die der herkömmlichen Jetpiloten.
Neue Kriege
Bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts werden erstmals bewaffnete Drohnen auf Flugzeugträgern der US Navy stationiert. Die Zukunft gehört ferngelenkten Flugsystemen, die spionieren und Waffen tragen. Ob es alsbald auch selbständig denkende und autonom operierende Flugsysteme geben wird, steht indes in den Sternen. Technisch ist es machbar, ethisch ein heisses Eisen.
Bisher sind Drohnen teleoperierte Flugsysteme, die vollständig unter Kontrolle eines Piloten Einsätze fliegen und nicht eigenmächtig in Konflikte eingreifen. In Planung sind global operierende Langstreckendrohnen, die nahezu unbegrenzt in der Luft sein können und teils mit Hochenergiewaffen ausgestattet sind.
Ein weltweites Phänomen
Auch die deutsche Bundeswehr hat Aufklärungsdrohnen im Einsatz und plant, ab 2016 bewaffnete Drohnen in ihren Dienst zu stellen. Unberührt von der Debatte um die misslungene Beschaffung von global operierenden Aufklärungsdrohnen des Typs Euro Hawk, eruiert das deutsche Verteidigungsministerium die Beschaffung von Kampfdrohnen aus israelischer oder amerikanischer Produktion, bevor ein noch zu entwickelndes europäisches Muster in Betracht kommt.
Die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie hinkt in der Drohnentechnologie zehn Jahre ihren Mitbewerbern aus Israel und den USA hinterher. Nach jüngsten Schätzungen haben elf Nationen, darunter die USA, Israel, die Türkei, Russland, China und Indien 56 verschiedene Drohnentypen im Einsatz.
Betrug noch 1997 das wirtschaftliche Potential für unbemannte Flugsysteme gut 2 Milliarden Dollar, wird das globale Wirtschaftsvolumen für unbemannte Flugsysteme bis 2025 auf 80 Milliarden Dollar geschätzt, Tendenz steigend. Neben den USA produzieren 70 Länder unbemannte Flugsysteme aller Grössen und Einsatzprofile, allen voran Israel und die USA.
Lizenz zum Drohnenabschuss
Im Land mit dem grössten Potential für zivile und militärische Drohnen regt sich seit einiger Zeit teils militanter Protest gegen die fliegenden Spione. In der Gemeinde Deer Trail im US-Gliedstaat Colorado sollen Drohnen mit dem US-Hoheitszeichen zum Abschuss freigegeben werden. Die Lizenz dazu wird aktuell noch inoffiziell abgegeben, im Oktober will die Gemeinde aber über deren offizielle Einführung abstimmen. Dem erfolgreichen Jäger winkt eine Prämie von 100 Dollar für jedes abgeschossene Fluggerät. Der Bürgermeister will damit den «souveränen Luftraum» der Gemeinde vor Überwachungsdrohnen der NSA schützen. Es könne nicht sein, dass die US-Regierung den Luftraum der Gemeinde überwache und damit in die Privatsphäre der Einwohner eingreife, um Terroristen zu fangen. Das liege nicht im Interesse der Gemeinde Deer Trail.
Und auf den Schauplätzen des Drohnenkriegs im Jemen tauchten vor einiger Zeit von Al Kaida gestreute Ratgeber auf, die detaillierte Ratschläge geben, wie man sich vor Drohnen schützt und wie man sich tarnt. Der Krieg mit und um die Drohne ist in vollem Gang.
anno69
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Jahresrückblick 2008 von anno69.com
Die durchschnittliche Klimärwärmung hat um 0,8°C zugenommen. Bei 2°C Zunahme häufen sich Naturkatastrophen, bei 6°C Zunahme brechen sämtliche Ökosysteme zusammen. Die Grundlagen menschlichen Lebens zerfallen.
Der Meeresspiegel hat sich um 4 cm erhöht. Tuvalu wird zeitweise überflutet und wird in spätestens 10 Jahren verschwunden sein. Weitere Städte und Staaten werden folgen.
Der Kril ist am Aussterben. Ganz am Anfang der weltweiten Nahrungskette stehend, ermöglicht er die Existenz von tausenden von Tierarten, nicht nur in den Ozeanen. Am Ende der Nahrungskette stehen wir, die Menschen.
Was sich schon in einigen Vorjahren abgezeichnet hat, ist 2008 voll zum Durchbruch gekommen. Viele Geschäfte von Grossbanken bewegen sich nicht mehr in Grauzonen, sondern sind eindeutig und in allen gängigen Rechtswesen als Vergehen oder Verbrechen zu deklarieren. Erschwerend dazu kommt, dass viele dieser Aktivitäten mit Boni belohnt werden. Als Spitze des Eisbergs haben sich natürlich Verwaltungsräte und Konzernleitungen mit ihren immensen Bezügen heraus kristallisiert, betroffen sind aber noch tausende andere Profiteure dieses Systems. Zusammen mit der Finanzkrise ergibt das bei allen Investitionsbanken mehrstellige Milliardenverluste, Konkurse und zigtausende von Arbeitslosen.
Die US-amerikanische Immobilienkrise hat sich zu einem globalen Desaster entwickelt. Betroffen sind Kernfirmen und Zulieferer der Finanz-, Versicherungs-, Bau-, Automobil-, Lebensmittel- und Energiebranche. Also über die Hälfte der gesamten Weltwirtschaft. Grossfirmen und Konzerne brechen mit katastohalen Folgen auseinander. Viele Länder stehen vor dem Staatskonkurs. Die "Grossen Acht" (G8) verschleudern tausende von Milliarden um marode Systeme zu stützen. Alles basiert auf Staatsverschuldung, das heisst irgendwann wird alles über Steuern eingefordert. Nur: Wer soll diese Steuern dannzumal noch bezahlen?
Aufgrund der Weltwirtschaftskrise steigen die Arbeitslosenzahlen. Verschiedene Institute rechnen 2009 mit bis ztu 50 Millionen zusätzlichen Arbeitslosen. Genau diese Institute sind es aber, die Immobilien- und Finanzkrise negiert haben. Realistisch gesehen ist also mit einem Vielfachen dieser Prognose zu rechnen.
Die Regierungen der USA, Russland's und auch Isräl's brechen nach eigenem Gutdünken Kriege vom Zaun, die nur mit riesigem politischen Eigeninteresse erklärt werden können. Dies genauso wie die Durchführung der olympischen Sommerspiele in Peking. UNO, EU, Kirchen und die mächtigen Sportverbände protestieren mit lapidaren Standardnoten.
Verschiedene sogenannte Demokratien werden von egoistischen, unfähigen Selbstdarstellern und ihren mafiösen Hintermännern regiert. Bush, Berlusconi und Blocher sind nur drei Beispiele von vielen. Massenmorde und Genozide in Drittweltländern gehören zum Alltag.
Die Pharmaindustrie macht immer noch Milliardengewinne, ist also eine gesunde Industrie, begegnet aber alten und neuen Krankheiten mit immer unwirksameren und gefährlicheren "Designerdrogen". Neueste Besispiele betreffen Malaria, AIDS oder Gebärmutterhalskrebs. Die Schulmedizin steht vor wachsenden Herausforderungen und ist ganz offensichtlich nicht in der Lage, sich selbst zu regenerieren.
Der grösste Teil aller Sportarten kennt heute nur noch gedopte Gewinner. Die Frage heisst heute: Welche Mittel können von der WADA (Worls Anti-Doping Agency) noch nicht nachgewiesen werden. Die grösste Tragik dieser Geschichte iswt aber, dass in der heutigen Leistungsgesellschaft bereits im Breitensport regelmässig Dopingmittel verwendet werden.
anno69 31.Dezember 2008
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Die Pleiten des Jahres 2008
Man merkt dem Mitarbeiter der Seiler Pianoforte GmbH im unterfränkischen Kitzingen die Erleichterung förmlich an: Es geht weiter. Fast wäre die Geschichte des Unternehmens nach 159 Jahren zu Ende gewesen. Die Klavierfabrik hatte Anfang Juli Insolvenz beantragt. Das 1849 im schlesischen Liegnitz gegründete Unternehmen ist nach Schimmel (Braunschweig), Bechstein (Berlin) und Steinway & Sons (Hamburg) Deutschlands viertgrößter Klavierbauer. Aber die Auftragslage habe eine Fortführung nicht gerechtfertigt, hieß es. Der südkoreanische Instrumentenbauer Samick sieht den Auftragsrückgang offenbar nicht als unumkehrbares Schicksal an. Er übernahm Seiler und hofft, über sein internationales Vertriebsnetz – Samick ist ein führender Hersteller von Elektrogitarren – die Klaviere wieder an den Mann bringen zu können. Auf diese Weise konnten 40 der 60 Arbeitsplätze erhalten werden.
Über eine ähnliche Lösung würden sich die Mitarbeiter des Uhrenherstellers Junghans in Schramberg im Schwarzwald freuen. Junghans kann auf eine ähnlich lange Tradition verweisen wie Seiler. Das 1861 gegründete Unternehmen machte noch vor wenigen Jahre Furore durch seine Funkuhren. Die als angestaubt geltende Marke ist in diesem Jahr mit in den Sog des strauchelnden Hongkonger Egana-Goldpfeil-Konzerns geraten und hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Mit Egana-Goldpfeil ging zum zweiten Mal die Muttergesellschaft der Modemarke Joop in Insolvenz. Das hatte sie schon mit ihrer Muttergesellschaft Wünsche erlebt. Die Hamburger Joop GmbH ist seit wenigen Wochen jetzt ganz im Eigentum der schweizerischen Holy Fashion Group. Allerdings bleibt Egana-Goldpfeil Lizenznehmer der Marke. Über einige eigene Marken der Egana-Goldpfeil-Gruppe hofft Insolvenzverwalter Ottmar Hermann in wenigen Wochen Klarheit zu haben, darunter auch über Salamander, die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur oder Goldpfeil.
Insolvenzen im Konsumgüterbereich werden oft mit großer Betroffenheit und öffentlicher Anteilnahme zur Kenntnis genommen, weil es Marken sind, die jeder kennt – und für marktstabil hält. Ob es sich lohnt, Briefe auszutragen und einen Wettbewerb zur Post zu eröffnen, haben immer Menschen bezweifelt. Die Pin Group ist gestrauchelt, als es der Post gelungen war, einen Mindestlohn für Briefzusteller durchzusetzen. Der Axel Springer Verlag, größter Geldgeber des Postkonkurrenten, drehte daraufhin den Geldhahn ab. „Wenn es gutgeht, werden 5000 der 11.500 Arbeitsplätze am Ende zu retten sein“, sagte der Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier und deutete damit die Dimension dieser Insolvenz an.
Die zweitgrößte Insolvenz des Jahres betraf die ehemalige Quelle-Karstadt-Tochtergesellschaft Sinn Leffers mit 4100 Mitarbeitern. Allerdings werden dieser Textilhandelsfirma mehr Überlebenschancen eingeräumt als ihren ehemaligen Schwesterfirmen Wehmeyer und Hertie, die ebenfalls insolvent sind. Der Textileinzelhandel gehört zu den gefährdetsten Branchen, heißt es bei der Creditreform Wirtschaftsforschung. Ähnlich negativ sieht Creditreform-Vorstand Helmut Rödl die Aussichten für die Branchen Tiefbau, Autohandel und unternehmensnahe Dienstleistungen wie Speditionen, Reinigungs- oder Gebäudemanagementfirmen, deren Tätigkeit im Zuge der Krise wieder vermehrt eingesourct, also von den Kunden selbst wahrgenommen würden.
Nachdem schon im laufenden Jahr die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erstmals seit 2003 wieder gestiegen ist, und zwar auf 29 800, sei im kommenden Jahr ein noch deutlicherer Anstieg zu erwarten auf mehr als 33 000 Firmenzusammenbrüche. Da die Insolvenzen der Konjunktur hinterherliefen, werde es von März 2009 an vermehrt zu Insolvenzen in der Wirtschaft kommen, erwartet Creditreform. Ein Hauptgrund dafür werde neben der Konjunktur (weniger Aufträge) und Managementfehlern vor allem die Finanzierung sein.
Eine Umfrage unter 632 Unternehmen in der letzten Novemberwoche habe ergeben, dass 80 Prozent von ihnen davon ausgehen, dass im kommenden Jahr ihre Kreditwünsche von den Banken ganz oder teilweise abgelehnt werden. Während 42 Prozent von einer Kreditzusage unterhalb des Kreditwunsches ausgehen, erwarten 38 Prozent der Unternehmen, dass ihre Kreditwünsche abgelehnt werden. Steigende Kreditzinsen erwartet jedes zweite Unternehmen.
Gescheiterte Verhandlungen mit den Gläubigerbanken führten auch bei dem Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert Anfang Oktober in die Insolvenz. Der Insolvenzverwalter Michäl Jaffé versichert, in Verhandlungen mit Investoren möglichst viele der 1500 Arbeitsplätze zu erhalten. Ein Liquiditätsengpass war auch bei der Berliner Spedition Friedrich Schulze der Insolvenzgrund.
Eher die Konjunktur schlug bei Maxdata zu. Der Gerätehersteller der IT-Branche, der seine ruhmreichsten Jahre Ende des letzten Jahrhunderts hatte, leidet „seit Jahren unter dem hohen Wettbewerbsdruck und einem massiven Preisverfall in der IT-Branche“. Betrug, Untreue und Insolvenzverschleppung dagegen wird der Großspedition Ricö Internationale Spedition Transporte und Logistik GmbH aus Osterode am Harz vorgeworfen, die im ersten Halbjahr das Handtuch warf, was zuletzt immerhin gut 3000 Mitarbeiter betraf, davon 900 in Deutschland.
Ein alter Bekannter in der Insolvenzstatistik ist der Industrienähmaschinenhersteller Pfaff. Das Unternehmen stand hier 1999 schon einmal. Obwohl kurz vor der Insolvenz mehrere Investoren wohl abgesprungen sind, ist es nach jüngsten Meldungen nicht ausgeschlossen, dass das Bielefelder Unternehmen Dürrkopp-Adler jetzt zum Zuge kommt. Bei Pfaff dürften auch die Schwierigkeiten des Großaktionärs GCI Management AG in München eine große Rolle gespielt haben. Denn deren Beteiligungsgesellschaft Willisch & Sohn im fränkischen Ansbach ging als Autozulieferer schon in die Insolvenz, als die große Krise noch nicht ausgebrochen war.
Zwar keinen neuen Eigentümer, aber bessere Aussichten hat die insolvente baden-württembergische Papierfabrik Scheufelen aus Lenningen. „Trotz Insolvenz im Juli 2008 blickt Scheufelen optimistisch in die Zukunft – allein das Segment der Premiumpapiere konnte im Jahr 2008 einen Zuwachs von über 20 Prozent verzeichnen“, meldet der Insolvenzverwalter nicht ohne Stolz. Mit einem Produktionsstillstand über Weihnachten und Neujahr sollen die Kapazitäten an das insgesamt schwache Auftragsvolumen angepasst werden. „Wir mussten in diesem Jahr leider einige Insolvenzen und Teilstilllegungen hinnehmen“, heißt es beim Verband deutscher Papierfabriken in Bonn.
Die wieder länger werdende Liste der Insolvenzen hat in diesem Jahr auch die Krefelder Billigzahnarztkette Mc Zahn getroffen und den in Übernahmeverhandlungen befindlichen Flugzeughersteller Grob. Seit September trifft es in der Folge der Absatzkrise der Automobilindustrie auch deren Zulieferer. Das betrifft die Hohenlockstedter Wälz- und Umwelttechnik in Schleswig-Holstein ebenso wie den Bremsbelägehersteller TMD Friction in Leverkusen oder den relativ großen Hersteller von Antriebswellen und Lenksystemen Tedrive mit immerhin 1500 Beschäftigten. Die Fälle TMD und Tedrive sind deshalb besonders interessant, weil hier Private-Equity-Eigentümer ihre Beteiligung insolvent werden ließen und sich damit jeder Möglichkeit begaben, daraus noch Geld zu sehen. Die Beteiligung muss in diesem Fall auf null abgeschrieben werden.
Auch das gehört zum Schaden, der durch Insolvenzen angerichtet wird. Vor allem aber liegt der Schaden in Verpflichtungen, denen die insolvente Firma nicht mehr nachkommt. Den Schaden durch Insolvenzen beziffert Creditreform mit 29 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr 447.000 Beschäftigte direkt von Insolvenzen betroffen waren – die allerdings nicht alle arbeitslos werden, vor allem wenn sie einen neuen Eigentümer finden wie die Klavierfabrik Seiler.
Georg Giersberg, www.faz.net 22.12.2008
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Piraten jagen Schweizer Schiff
Zwischenfall vor der Küste Somalias – Piraten nehmen Kurs auf Schweizer Frachter
Ein Schweizer Frachtschiff ist vor der somalischen Küste von Piraten bedroht worden. Laut dem Aussendepartement handelt es sich um den ersten gemeldeten Vorfall dieser Art.
Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte ist vergangene Woche ein Schweizer Hochseeschiff in einen Vorfall mit Piraten verwickelt worden. Ein Frachter der Reederei Enzian, der im italienischen Piombino Stahl geladen hatte und sich auf dem Weg nach dem saudischen Hafen Dammam befand, ist vor der somalischen Küste von Piratenschiffen bedrängt worden. «Die Schiffe nahmen Kurs auf uns und haben uns einige Zeit verfolgt», bestätigt Tim Schnoor von der Reederei Enzian, die ihren Sitz in Schlieren hat. Später hätten die Boote abgedreht. Der Vorfall sei «alles andere als Routine». Deshalb habe man auch die Schweizer Behörden umgehend informiert.
Chinesischer Notruf
Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat Kenntnis von dem Vorfall, wie ein Sprecher bestätigt. Es sei das bisher einzige derartige Ereignis, das den Behörden in der Schweiz gemeldet worden sei. Weitere Angaben macht der Sprecher nicht.
Auch Schnoor ist mit Details zurückhaltend. Den Namen des Schiffes möchte er nicht nennen. Immerhin sagt er dies: Das Schiff sei am letzten Dienstag frühmorgens vom Suezkanal kommend in den sogenannten Transit-Korridor des Golfs von Arabien eingelaufen und habe mit anderen Frachtern einen Konvoi gebildet. Die Verfolgung durch Piraten habe der Kapitän auf dem Radar beobachtet. Gleichzeitig habe das Schiff Funksprüche aufgefangen, die auf eine erhöhte Aktivität der Seeräuber hingedeutet hätten – unter anderem den Notruf eines chinesischen Dampfers. Als der Schweizer Frachter die Höhe dieses Schiffs erreicht habe, habe man dort ein Kriegsschiff, eine Fregatte, vorgefunden. Am Donnerstag sei man dann sicher aus dem Korridor ausgefahren.
Bei dem chinesischen Dampfer dürfte es sich um die «Zhen Hua 4» gehandelt haben, die in der fraglichen Periode von Piraten geentert worden ist. Die Crew konnte sich in ihre Unterkünfte retten. Eine malaysische Fregatte schickte einen Helikopter, der die Piraten unter Feuer nahm und vertrieb. Gleichentags wurden drei weitere Schiffe von Piraten überfallen.
Die gut 30 unter Schweizer Flagge fahrenden Frachter und Tanker gelten unter Experten als besonders gefährdet, weil sie relativ klein sind und vergleichsweise langsam fahren. Auch die niedrige Bordwand würde es Piraten einfach machen, auf Deck zu gelangen. Das vor der somalischen Küste bedrohte Schiff ist gemäss Schnoor mit 12,5 Knoten unterwegs gewesen.
Wegen der Piratengefahr vor Somalia erwägen die Bundesbehörden jetzt den Einsatz der Armee, wie die Fernsehsendung «10 vor 10» publik gemacht hat. Am Freitag hat der Bundesrat das Dossier diskutiert, aber noch keine Entscheide gefällt, wie Regierungssprecher Oswald Sigg sagte. Da die Schweizer Armee keine hochseetauglichen Schiffe besitzt, ist am ehesten der der Einsatz von Bewachungspersonal auf den Schiffen denkbar.
Unklar ist, wer den Einsatz der Armee überhaupt angefordert hat. «Wir wollen keine Soldaten auf den Schiffen», sagt Eric André, der Präsident des Verbandes Schweizerischer Seereedereien. Derzeit hätten auch die meisten Schiffe der EU keine Soldaten dabei. Wenn in dieser Situation nur Schweizer Schiffe bewaffnet würden, steige die Gefahr einer Eskalation. Das würde die Schweizer Seeleute erst recht in Gefahr bringen, so die Befürchtungen der Reeder. Ein Einsatz von Soldaten auf Schweizer Schiffen sei höchstens dann denkbar, wenn das alle Staaten tun, sagt André.
Schon nächste Woche fährt erneut ein Schweizer Schiff durch die heikle Zone vor Somalia. Laut André handelt es sich diesmal um einen Tanker der Reederei Mega Chemicals mit Sitz in Uttwil (TG). Im Januar ist erneut ein Schiff der Enzian an der Reihe. Möglicherweise, sagt André, werde dieses Schiff seine Route nun aber ändern und um das Kap der Guten Hoffnung fahren. Dieser Weg ist zwar viel länger, dafür gibt es dort weniger Piraten.
NZZ 21. Dezember 2008
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Nobelpreis in schiefem Licht
Kopplung zwischen Pharmakonzern und Mitgliedern des Nobelkomitees
Zwischen dem Nobelkomitee und einem Pharmakonzern bestehen personelle Verflechtungen. Der für Korruption zuständige Oberstaatsanwalt in Schweden will prüfen, ob eine Voruntersuchung eingeleitet werden soll.
Während die letzten Vorbereitungen zur feierlichen Übergabe der Nobelpreise am Mittwochnachmittag sowie zu dem anschliessenden Fest aller Feste, dem glamourösen Nobel-Bankett im Stockholmer Rathaus, in vollem Gange waren, verbreitete das schwedische Radio wenig glanzvolle Nachrichten: Die Oberstaatsanwaltschaft bei der Reichseinheit für Korruption will prüfen, ob eine Voruntersuchung gegen die Nobelstiftung eingeleitet werden soll.
Laut Oberstaatsanwalt Christer von der Kwast könnten Verbindungen zwischen dem Pharmakonzern Astra Zeneca und Personen im Umkreis der Nobelstiftung Anlass zu strafrechtlichen Ermittlungen bieten. Der britisch-schwedische Konzern besitzt die Patente für die beiden Impfstoffe gegen das humane Papillomvirus (HPV), das Gebärmutterkrebs verursachen kann.
Für die Entdeckung des HPV ist dem deutschen Virologen Harald zur Hausen heuer die Hälfte des Medizinnobelpreises zugesprochen worden. Mit der renommierten Anerkennung könnte die Zahl jener Länder, welche die HPV-Impfung in ihre Impfprogramme aufnehmen, steigen, wovon Astra Zeneca profitieren würde.
Auf der Lohnliste von Astra Zeneca
Sveriges Radio (SR) hat diese Woche berichtet, dass Astra Zeneca seit etwa einem halben Jahr Hauptsponsor der Stiftungs-Töchter Nobel Media (zuständig für Kontrolle und Vermarktung der Medienrechte der Nobelstiftung) und Nobel Webb (zuständig für den Betrieb der Website nobelprize.org) ist. Der Inhalt des Sponsoring-Vertrags ist geheim. Der Pharmakonzern dürfte die zwei Firmen jedoch mit Millionenbeträgen unterstützen.
Gemäss den Enthüllungen von SR stehen zudem mehrere Personen, die in die Vergabe des Nobelpreises für Medizin involviert sind, auf der Lohnliste von Astra Zeneca: Bo Angelin, Mitglied des Nobelpreiskomitees, ist Verwaltungsrat von Astra Zeneca. Zudem hatte Bertil Friedholm, der Vorsitzende des Nobelkomitees am Karolinska Institutet, im Jahr 2006 zwei Beratungsaufträge für das Pharmaunternehmen wahrgenommen.
Angelin meinte gegenüber SR, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass Astra Zeneca vom Nobelpreis für zur Hausen profitieren könne; er sei bei der entsprechenden Abstimmung nicht in den Ausstand getreten. Der Sekretär des Nobelkomitees, Hans Jörnwall, erklärte, dass man die Kopplung Angelins zum Pharmakonzern gekannt und diskutiert habe. Nun müsse man abklären, ob man richtig gehandelt habe oder ob Änderungen in der künftigen Organisation nötig seien.
Der schwedische Oberstaatsanwalt will zudem die von mehreren Mitgliedern von Nobelpreis-Versammlungen unternommenen Reisen nach China unter die Lupe nehmen, deren Kosten jeweils zulasten der Gastgeber gingen. Die Staatsanwaltschaft prüft den Vorwurf der Bestechung oder des Bestechungsversuchs. Laut dem Institut gegen Bestechung sind Mitglieder der Nobelkomitees Amtspersonen gleichzusetzen, für die in Schweden der Grundsatz gilt, dass Eingeladene ihre Kosten selbst tragen müssen.
Ingrid Meissl Årebo, Stockholm
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Warnungen im Betrugsfall Madoff ignoriert
US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gerät in schiefes Licht
Im milliardenschweren Betrugsskandal um den Investor Bernard Madoff werden zunehmend Zweifel an der Rolle der US-Aufsichtsbehörden laut. Laut Angaben von Analysten hatte die Börsenaufsicht Hinweise auf seltsame Geschäftspraktiken Madoffs mehrfach ignoriert.
(ap) Analysten hätten in den vergangenen Jahren mehrfach Bedenken wegen der Geschäftspraktiken des bestens in der US-Finanzwirtschaft vernetzten früheren Nasdaq-Verwaltungsratschefs geäussert, berichtete die «Washington Post» am Montag auf ihrer Internetseite. Die SEC habe bis vergangene Woche jedoch nicht einmal eine Routineuntersuchung durchgeführt.
In einem Brief an die US-Börsenaufsicht SEC sei 1999 sogar der Vorwurf erhoben worden, bei Madoffs Investments handele es sich um ein illegales Schneeballsystem, schrieb das Blatt.
Der 70-Jährige Madoff war lange Zeit auch ein gefragter Experte, wenn es um Fragen der Regulierung von Finanzmärkten ging. Im Jahr 2000 war er Mitglied eines Gremiums, das die US-Regierung bei Fragen des Anlegerschutzes beriet. Dabei ging es korrekte und vollständige Informationen für Anleger. Madoff habe jeden gekannt, sagte der frühere SEC-Verwaltungsratschef Arthur Levitt der AP.
Madoff ist Gründer der Bernard L. Madoff Investment Securities LLC. Wegen Verdachts auf massiven Betrug war Madoff, der massgeblich am Aufbau der Technologiebörse Nasdaq beteiligt war, vergangene Woche festgenommen worden. Er soll Kunden, die ihr Geld bei seinem Unternehmen anlegten, hohe Renditen versprochen haben.
Diese hat er zwar bezahlt, doch in einem Schneeballsystem wurden die Renditen mit Geldern neuer Anleger finanziert, irgendwann brach das System zusammen. US-Ermittler befürchten einen Schaden von 50 Milliarden Dollar.
NZZ 16.12.2008
150 Jahre Gefängnis für Bernard Madoff
Eine Verurteilung mit Symbolwirkung
Der Finanzjongleur Bernard Madoff, der gestanden hat, über Jahrzehnte ein gigantisches Betrugssystem betrieben zu haben, ist am Montag in New York zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Damit ist die Affäre aber nicht abgeschlossen. Die Behörden ermitteln gegen mehr als ein Dutzend weiterer Personen, die beteiligt gewesen sein könnten.
Richter Denny Chin vom Bundesbezirksgericht in Manhattan hat den 71-jährigen Finanzjongleur Bernard Madoff am Montag zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Chin begründete die unter den offiziellen Richtlinien maximal mögliche Strafe mit dem enormen Ausmass des von Madoff eingestandenen Anlagebetrugs sowie mit dem offensichtlichen Mangel jeglicher echter Reue. Madoffs Betrügereien seien ausserordentlich bösartig gewesen, meinte Chin.
Manche Rechtsexperten hatten mit 20 bis 25 Jahren gerechnet, was ausgereicht hätte, um Madoff lebenslänglich hinter Gitter zu setzen. Aber Madoff ist weitherum zum Inbegriff eines kaltblütigen Monsters geworden, und das Urteil sollte entsprechende Symbolwirkung haben. Mehrere geschädigte Anleger hatten – wie zuvor die Staatsanwaltschaft – in emotionsgeladenen Reden vor dem Richter die Höchststrafe gefordert. Demgegenüber hatte Madoffs Anwalt mit dem Hinweis auf das prompte Schuldgeständnis sowie die begrenzte Lebenserwartung seines Mandanten für nur 12 Jahre Haft plädiert.
Madoff hatte am 12. März dieses Jahres ein Schuldgeständnis abgelegt; er war von der Staatsanwaltschaft in 11 Punkten des Betrugs und Diebstahls, der internationalen Geldwäscherei sowie der Falschaussage beschuldigt worden. Die Mindeststrafe für die 11 Anklagepunkte hätte 20 Jahre betragen.
Trotz dem Schuldgeständnis hat Madoff jegliche Kooperation mit den Behörden verweigert. Er hat keine Namen preisgegeben und keine Details zu seinen Machenschaften geliefert. Die Behörden gehen davon aus, dass er das «Ponzi scheme», das mindestens bis Mitte der neunziger Jahre, wahrscheinlich aber viel weiter zurückreicht, nicht alleine betreiben konnte.
Der Komplizenschaft verdächtigt werden verschiedene enge Mitarbeiter und Familienmitglieder, die in Madoffs Firmen Positionen innehatten, einschliesslich seiner beiden Söhne, die ihren Vater Ende letzten Jahres angezeigt hatten. Niemand hat bis jetzt Handfestes ausgesagt. Dem Vernehmen nach ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mehr als ein Dutzend Verdächtiger. Das Schuldgeständnis war nicht Teil eines sogenannten «plea bargain», bei dem sich Angeklagte gegen ein Geständnis eine mildere Strafe aushandeln. Vielmehr hat es den Anschein, als wollte Madoff seine Familie in Schutz nehmen und mit dem Geständnis einen Schlussstrich ziehen.
Mangels konkreter Angaben kann auch über das Ausmass des Betrugs vorläufig nur spekuliert werden. Madoff gab die Kontenstände seiner Anleger per Ende 2008 mit 65 Mrd. $ an, aber die Behörden glauben, dass fiktive Gewinne mitgerechnet sind und der tatsächliche Schaden kleiner ist. Der vom Gericht eingesetzte Treuhänder, der Madoffs Firmen liquidiert, hat zurück bis Dezember 1995 bis jetzt 1341 Konteninhaber identifiziert, die zusammen einen mutmasslichen Schaden von 13,2 Mrd. $ erlitten haben. Rund 1,2 Mrd. $ an Vermögenswerten sind bis jetzt sichergestellt worden.
Gegen Madoff persönlich wurde letzte Woche eine Gerichtsverfügung mit einer Forderungssumme von 171 Mrd. $ ausgestellt. Dies hat zur Folge, dass ihm sein gesamter bekannter und möglicherweise noch versteckter Besitz entzogen wird. Gleichzeitig hat seine Frau Ruth mit der Staatsanwaltschaft eine Vereinbarung getroffen, wonach sie 80 Mio. $ der ihr übertragenen Vermögenswerte abgibt und nur noch 2,5 Mio. $ zurückbehält. Die Ermittler glauben, dass die «Konkursmasse» noch steigen wird, aber die Anleger können mit Sicherheit nur auf einen Bruchteil ihrer Investitionen hoffen.
Anleger, die kurz vor dem Kollaps Rückzüge getätigt haben, werden vom Treuhänder jetzt auf die Herausgabe dieser Summen eingeklagt. Aufgrund des Konkursgesetzes gilt eine rückwirkende Sperrfrist von 90 Tagen, aber wenn Betrug vorliegt, ist die Rechtslage komplizierter. Im Gliedstaat New York können bezogene (fiktive) Gewinne der zurückliegenden sechs Jahre kassiert werden. Inwieweit solche «clawback suits» erfolgreich sein werden, ist allerdings offen. Dasselbe gilt von mehreren eingeleiteten und noch anstehenden Forderungs- und Schadenersatzklagen des Treuhänders gegen sogenannte «feeder funds», die Anlagemittel zu Madoff schleusten. Der Banco Santander war einer von vielen grösseren Vermittlern und hat bereits freiwillig 235 Mio. $ in die Konkursmasse bezahlt.
Unklar ist vorderhand auch, in welchem Ausmass die (privat getragene) Securities Investor Protection Corporation (SIPC) bezahlen wird. Versichert sind individuelle Konten bis zu 500'000 $, wenn ein Broker insolvent wird oder Kunden betrogen hat. Bis jetzt hat die SIPC im Fall Madoff über 10'000 Anträge erhalten, aber nur wenige davon akzeptiert. Die Frist für Schadenersatzforderungen läuft am 2. Juli ab.
29. Juni 2009, 22:47, NZZ Online
Madoff-Skandal weitet sich aus
Betrogene Anleger verklagen KPMG, JP Morgan Chase und New York Mellon
Obwohl der Protagonist inzwischen im Gefängnis sitzt, zieht der Fall Madoff weitere Kreise. Betrogene Anleger haben in New York Klage gegen KPMG, JP Morgan Chase und die Bank of New York Mellon eingereicht. Die bei einem New Yorker Gericht eingereichte Klageschrift beschuldige die drei Unternehmen, eine zentrale Rolle in dem Betrugsfall gespielt zu haben, hiess es am Dienstag in einer Mitteilung der Anwaltskanzlei Cotchett, Pitre and McCarthy.
Die Anzeige basiere auf einem Interview der Kanzlei mit dem inhaftierten Betrüger Madoff im Juli sowie Gesprächen mit ehemaligen Angestellten und monatelangen Recherchen.
Geld gewaschen. Laut der Klageschrift soll JP Morgan Chase Madoff geholfen haben, fast 6 Milliarden Dollar an Anlegergeldern zu waschen. KPMG werde vorgeworfen, das betrügerische Verhalten in Madoffs britischer Firma nicht auffliegen gelassen zu haben. KPMG hatte die Bücher von Madoff Securities International Ltd geprüft.
KPMG und JP Morgan Chase lehnten eine Stellungnahme ab. Die Bank of New York Mellon war zunächst nicht zu erreichen. Das Betrugssystem von Madoff war im Dezember aufgeflogen. Im März bekannte er sich schuldig, ein gigantisches Schneeballsystem betrieben zu haben. Damit soll er Anleger um insgesamt bis zu 65 Mrd. Dollar geprellt haben. Ende Juni wurde Madoff zu einer Haftstrafe von 150 Jahren verurteilt.
21. Oktober 2009, 08:23, NZZ Online
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Die Feiglinge von Bern kuschen einmal mehr vor den UBS-Finanzhaien
Das Parlament macht der Grossbank UBS keine eigenen Auflagen beim Rettungspaket. Der Ständerat hat am Montag die von ihm eingefügte Rückzahlungsforderung für ungerechtfertigte Boni aus den letzten fünf Jahren mit 17 zu 14 Stimmen fallen lassen.
Nach dem Ausräumen dieser letzten Differenz gelten lediglich die vom Bundesrat gestellten Anforderungen an die Corporate Governance als Bedingung, damit der Bund die Grossbank mit 6 Milliarden Franken rekapitalisieren kann. Das Geld ist geflossen, nachdem der Ständerat dem UBS-Rettungspaket am Dienstag vergangener Woche zugestimmt hatte.
Abstimmungen von solcher Tragweite müssten unter Namensnennung der Parlamentarier veröffentlicht werden. Ganz offensichtlich haben die Finanzinstitute noch immer ihre Gewährsleute im Parlament, die dann auf Abruf ihre Fäden ziehen und Abstimmungen beeinflussen.
Eines hat sich im neuen Jahr und nach den ersten riesigen und mässig wirksamen Milliardenspritzen mit absoluter Klarheit heraus kristallisiert. Alle, aber auch wirklich alle, die bis noch vor wenigen Monaten das gesamte Weltgeschehen diktierten, stehen heute rat- und hilflos vor dem grössten finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruch aller Zeiten.
Ehemalige und aktuelle Staatsoberhäupter und Finanzminister, die Führer und teilweise noch Gründer der grössten und reichsten Firmen aller Branchen aus Ost und West, die absolute Crème de la Crème sämtlicher Bankenclans und schliesslich die Hüter des Grals, die Universitäten und Hochschulen an denen den künftigen Genies das Handwerk beigebracht wurde.
Es ist schon mehr als peinlich, wenn aus den Dutzenden von Statements und den millionenschweren Foren nichts anderes heraus gehört werden kann wie die Aussage: "Wir haben zwar böse Fehler gemacht, aber wir müssen schauen, dass wir schnellst möglich zu einem geordneten Finanzsystem zurückfinden!" Wer solche Aussagen macht und sich dabei noch darauf beruft, dass eigentlich doch alle nur profitiert hätten, ist schlichtwegs disqualifiziert. Auch wenn er Clinton, Gates, Merz, Putin, Merkel, Brown oder sonst einen grossen Namen trägt.
Der Verlust der UBS für das Jahr 2008 beträgt 20,887 Milliarden Schweizer Franken. In diesem Zusammenhang ist es einfach unglaublich, dass die übrig gebliebenen, vom Staat im künstlichen Koma gehaltenen Bankruinen in den letzten Tagen durchsickern lassen, dass auf die viel diskutierten Boni nicht verzichtet werden kann. Dies mit der Begründung, dass man durch diese Massnahme gute Banker nicht an Mitbewerber verlieren möchte. Stellen wir uns doch einmal die Frage: Was ist denn ein guter Banker und wo sind sie denn? Es ist ein sehr schlechter Witz zu behaupten, dass in den heutigen Finanzinstituten mit den heutigen Philosophien und Methoden gute Leute zu finden sind. Und zu welchen unbescholtenen Mitbewerbern kann sich denn heute ein Banker mit gutem Gewissen hinbewegen?
Ich habe eine Probe auf's Exempel gemacht und einige Filialen der UBS und Credit Suisse besucht um mich beraten zu lassen. Ausnahmslos wurde ich mit der bekannten Arroganz und Interesselosigkeit der "alten Schule" von jungen und älteren Bankangestellten behandelt. Wenn ich mir dann noch ein Interview neueren Datums mit Oswald J. Grübel, dem ehemaligen CEO der Credit Suisse und jetzigem Retter der UBS, als Beurteilungskriterium beiziehe, muss ich resumieren: Nichts gelernt.
Ein Arbeitsvertrag der fixe und variable Lohnbestandteile beinhaltet ist zeitgerecht und für viele Arbeitnehmer ein Ansporn. Der Fixanteil muss so bemessen sein, dass er die Grundbedürfnisse des Arbeitnehmers abdeckt. Variable Zusätze müssen immer von zwei Faktoren bestimmt werden. Im Vordergrund steht die persönliche Leistung und der Einsatz des Arbeitnehmers, dies in erster Linie qualitativ und nicht quantitativ. Zweiter Faktor ist unabdingbar die Gewinnsituation der Unternehmung. Macht eine Firma Verlust, sind alle variablen Lohnbestandteile für sämtliche Hierarchiestufen hinfällig.
So einfach ist das. Werden anderslautende Verträge vereinbahrt, ist sowohl der Verwaltungsrat wie auch die operationelle Leitung einer Untenehmung in Frage zu stellen. Dazu braucht es keine Absolventen der Hochschule St.Gallen, sondern klar denkende und ehrliche Menschen.
Als Empfehlung für Menschen die nicht weiterhin Geld an Unbelehrbare verlieren möchten kann nur empfohlen werden: Parkiere dein Vermögen bei einem staatlichen Institut, zB Postfinance in der Schweiz oder Postbank in Deutschland, im schlimmsten Fall ohne Ertrag. Aber doch mit einer grossen Sicherheit, nicht mehr an unseriöse Spekulanten und krankhafte Investoren alles zu verlieren. Was sicher auch wieder uzu empfehlen ist: Gold in Münzen oder Barren.
Warum Ospel & Co nicht angeklagt werden kann
Die Hintergründe, warum die UBS-Spitze straffrei für das Steuerdebakel ausgeht. Die Staatsanwaltschaft Zürich leitet gegen Ospel und Co. kein Strafverfahren ein. Der eigentliche Grund für das Nichteintreten ist so offensichtlich, dass er in den bisherigen Diskussionen noch nie detailliert beschrieben wurde.
Die Empörung ist immer noch gross darüber, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft bereits zweimal erklärt hat, am 15. 12.2009 und dann am 17. 2. 2010 zur zweiten Eingabe der SP noch einmal, dass sie rund um das grenzüberschreitende Geschäft der UBS mit Privatkunden aus den USA keine genügenden Anhaltspunkte zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen die einstige Spitze der Grossbank UBS gefunden hat.
Wie kann es sein, so fragen sich viele, dass das Verhalten und die Entscheide der Verantwortlichen der Bank im untersuchten Zeitraum 2001 bis heute - betroffen sind in erster Linie die einstigen Präsidenten Marcel Ospel und Peter Kurer sowie die Konzernchefs Peter Wuffli und Marcel Rohner - nicht genügend Anhaltspunkte für die Aufnahme einer Strafuntersuchung bieten? Das widerrechtliche Verhalten der UBS in den USA brachte dominosteinartig die Bank selbst, das Schweizer Bankgeheimnis, den Finanzplatz Schweiz und die Rechtssicherheit in unserem Land zum wanken.
Die anderen Bankchefs machten es auch
NZZ Online kam aufgrund von Recherchen zum Schluss, dass der eigentliche Grund für das Nichteintreten der Staatsanwaltschaft so offensichtlich ist, dass er in den bisherigen Diskussionen erst angetönt, aber noch nie detailliert beschrieben wurde.
Weil die Gehilfenschaft zu Steuerbetrug oder Urkundenfälschung zum ausschliesslichen Nachteil des amerikanischen Fiskus nach Schweizer Recht nicht strafbar ist, gibt es eigentlich nur noch eine einzige Chance, die UBS-Spitze nach Schweizer Strafrecht für Ihr Verhalten rund um das amerikanische Offshore-Geschäft in die Verantwortung zu nehmen. Die Grossbank hatte bewusst in Kauf genommen, dass ihr grenzüberschreitendes Privatkundengeschäft amerikanisches Recht verletzt. Um ein Strafverfahren in der Schweiz gegen die einstige Spitze einleiten zu können, müsste bewiesen werden, dass nur die UBS das so machte - und ein "umsichtiger Geschäftsmann", so die Definition des hierfür relevanten Art. 158 des Strafgesetzbuches rund um die ungetreue Geschäftsbesorgung, sprich die Chefs von anderen Schweizer Banken, davon in jedem Fall abgesehen hätten.
Diese Beweisführung ist nicht möglich. Denn das bisherige Schweizer Erfolgsmodell des Offshore-Privatkundengeschäfts mit seiner Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ist seit vielen Jahrzehnten Schweizer Bankenalltag. Und es wird von den einheimischen Banken, wenigstens bis zu den nun heftigst geführten Diskussionen rund um das Bankgeheimnis, auch offen praktiziert.
Extrem falsche Geschäftsentscheide?
Die Strafbehörden mussten wohl zum Schluss gekommen sein, dass sich viele Chefs anderer Schweizer Banken, die offshore im Ausland tätig sind, gleich oder ähnlich verhielten, wie das die UBS-Chefs in den Vereinigten Staaten getan hatten. Aus diesem Grund konnte auch Artikel 158, der sehr eng ausgelegt ist, nicht greifen. "Eine Strafverfolgung lässt sich nur rechtfertigen, wenn Risiken gewagt werden, welche ein umsichtiger Geschäftsführer in derselben Situation niemals eingehen würde", interpretiert die Botschaft zum neuen Vermögensverwaltungsrecht aus dem Jahr 1992. Oder anders formuliert: War die UBS Risiken eingegangen, die andere Schweizer Bankchefs nie so eingegangen wären?
Eine Staatsanwaltschaft jagt Verbrecher. Mögliche Anhaltspunkte müssen stets strikt anhand des Strafgesetzbuchs beurteilt werden. Es müssten also derart falsche Geschäftsentscheide der UBS-Führungsriege gefunden werden, dass sie zu einem Delikt erklärt werden könnten. War jetzt aber, eingebettet in der speziellen Doktrin des Artikels 158, so extrem falsch, was die UBS-F?hrungsriege unter Ospel, Kurer, Wuffli und Rohner in den entscheidenden Jahren ab 2001 machte und entschied?
Onshore keine Option
Eine erste wichtige Frage ist, ob sich die UBS bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends, angesichts des neuen Qualified-Intermediary-Abkommens mit den USA (QI) und des damals bereits prognostizierten steigenden Drucks auf das Offshore-Geschäft, aus diesem grenzüberschreitenden Bereich hätte zurückziehen und die amerikanischen Kunden künftig nur noch onshore beraten hätte sollen? Für die Ermittler dürfte die entscheidende Frage an dieser Stelle gelautet haben: Was machten die anderen Schweizer Banken? Nun, eine ganze Reihe anderer Schweizer Banken bot das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft mit reichen Amerikanern weiterhin an. Somit bietet sich hier wohl keine Handhabe für einen komplett falschen Geschäftsentscheid der UBS-Führung.
Warnsignale nicht entscheidend
Eine nächste Frage lautet, ob die UBS komplett falsch auf die wachsenden Warnsignale reagiert hatte. Aus heutiger Sicht ist bekannt, dass sich das UBS-Amerikageschäfts bereits in voller Fahrt befand, als die Warnsignale nicht mehr nur noch aufleuchteten, sondern bereits knallrot blinkten - Beispiele sind die Einvernahme von Millionär Igor Olenicoff, das wachsende Interesse des Department of Justice, oder der Brief des einstigen UBS-Bankers Bradley Birkenfeld an den damaligen Chefjuristen Peter Kurer. Aus den verschiedenen Dokumenten wie auch dem Kurzbericht der Finanzmarktaufsicht Finma vom 19. Februar 2009 (die lange Version wurde nie veröffentlicht), wird ersichtlich, dass die Grossbank in der Folge auf die Bremsen trat.
Auch wenn die UBS weder schnell genug noch gut genug reagierte - für die strafrechtliche Beurteilung kann das nicht entscheidend sein. Denn daraus kann weder eine Schädigungsabsicht der Bank ersehen werden noch ein so entsetzlich falscher Geschäftsentscheid der Bankleitung, dass er in den Artikel 158 hinein passte.
Hieb- und stichfestes System
In einer nächsten Frage muss geklärt werden, ob eine Handhabe besteht, weil die UBS mit ihrem Offshore-Private-Banking bewusst ausländisches Recht verletzte. Nur - das Verletzen ausländischer Gesetze nehmen auch viele andere Schweizer Bankhäuser, die im Offshore-Banking tätig sind, bewusst in Kauf. Bis zu den jüngst geführten Debatten brauchte das aber auch gar nicht zu interessieren.
Unser Land ist seit Jahrzehnten weltberühmt für sein Private Banking. Wie dieses funktioniert, mit seinem Bankgeheimnis und der zur Hauptsache hierzulande gemachten Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, und wie die Praxis dazu auf dem Finanzplatz Schweiz war - das wussten alle: Die Banken, die Bankchefs, die Aufsichtsbehörde. Vielleicht wirklich aussergewöhnlich ist eigentlich nur, wie hieb- und stichfest das ganze System funktioniert. Es ist so durchdacht und aufgebaut, dass durch die Praktizierung des grenzüberschreitenden Privatkundengeschäfts kein einziges Schweizer Gesetz verletzt wird, ausser natürlich wenn kriminelle Energie im Spiel ist. Deshalb ist auch von Seiten Schweizer Untersuchungsbehörden kein Durchgreifen auf die Schweizer Banken möglich.
"Man hat dem Treiben zugesehen"
Konrad Hummler, Geschäftsführender Teilhaber der Privatbank Wegelin & Co., führt in seinem Anlagekommentar vom 24. August 2009, in dem er den "Treuebruch gegenüber den UBS-Kunden" scharf kritisiert, aus, dass "man" bis vor relativ kurzer Zeit den amerikanischen Offshore-Kunden versprochen hatte, dass es nicht zu einer Auslieferung ihrer Kundendaten kommen würde und dass ausländische Behörden auf "Granit beissen würden", wenn das schweizerische Bankgeheimnis angegriffen würde. Mit "man" so Hummler weiter, sei die UBS, "und nicht nur sie gemeint", welche eine explizite Lücke im QI-Agreement aus dem Jahr 2001 extensiv ausgelegt und intensiv für ihr Geschäft genutzt hatte, mit "man" seien auch die Aufsichtsbehörden, welche diesem Treiben zugesehen hätten, "ohne dass je die Gewährsfrage gestellt wurde" gemeint, mit "man" sei aber auch die Schweizer Regierung gemeint, welche vom "Granit" rund um das Bankgeheimnis sprach.
Ein Richter müsste sagen können, dass das, was die Herren Ospel, Kurer, Wuffli und Rohner machten oder eben nicht machten, derart aussergewöhnlich war im Vergleich zu den anderen Schweizer Banken und derart falsch, dass sie dafür verurteilt werden können. Nur, fachlich inkompetent war die UBS-Spitze nicht und offensichtlich wurden keine extrem falschen Geschäftsentscheide der UBS-Leitung gefunden, das zeigen die Pressemitteilungen, in der die Staatsanwaltschaft über ihr Nichteintreten informiert, aber auch der Kurzbericht der Finma.
Keine Rechtfertigung - aber keine Strafverfolgung
Macht das die getroffenen Entscheide und Handlungen der UBS-Bankführung in den USA besser oder rechtfertigt es diese gar? Natürlich nicht. Nur bleibt den Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz keine andere Wahl, als das Schweizer Gesetz anzuwenden. Artikel 158 der ungetreuen Geschäftsbesorgung setzt die Messlatte da an, wo das normale Geschäft im Land abgewickelt wird. Und die Strafverfolgungsbehörden kamen wohl zum Schluss, dass die von der UBS praktizierte Art und Weise des Private Banking auch von vielen Schweizer Banken so praktiziert wurde.
Rechtsexperten bemängeln, dass eigentlich "Artikel 158 ad acta gelegt werden müsste". Am gleichen Artikel war bereits die Strafverfolgung im Fall Swissair/SAirGroup gescheitert. Dies auch deshalb, weil bei der Interpretation des Artikels der Spielraum für Geschäftsentscheide und eingegangene Risiken sehr weit aufgefasst wird. "Wer ein hohes Risiko in Kauf nimmt, ist in der Schweiz (zum Glück) nicht per se strafbar", argumentierte denn bereits der Luzerner Wirtschaftsprofessor Franco Taisch in der Neuen Luzerner Zeitung. Wenn die UBS falsch kalkuliert habe, dann sei das noch kein Delikt.
Richtiger Entscheid
Rechtsexperten sind mehrheitlich der Auffassung, dass der Entscheid auf Nichteintreten anhand der geltenden Schweizer Gesetze richtig war. "Es wird vom Gesetzgeber geradezu gefordert, sich als Strafverfolgungsbehörde nicht auf Verfahren einzulassen, die kaum einen verurteilungspositiven Ausgang erwarten lassen", folgert auch Prof. Jürg-Beat Ackermann, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Luzern, in seinem Aufsatz "Finanzkrise als Krise des Finanzmarktrechts?". Die Zurückhaltung im Fall UBS sei möglicherweise eine Lehre aus den Schwierigkeiten im SAirGroup-Fall, welcher nach jahrelangen, die Beschuldigten stark belastenden Verfahren rundum mit Freisprüchen geendet habe. Im Fall UBS nun hätten längere Vorabklärungen der Staatsanwaltschaften Basel-Stadt und Zürich keinen genügenden Anfangstatverdacht auf ungetreue Geschäftsführung ergeben. Offenbar hat sich die Bankspitze an den strafrechtlich relevanten Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrechts orientiert.
UBS-Fall ist eine Fabrik
Es kann gesagt werden, dass es bei der rechtlichen Einordnung ins Schweizer Recht beim Steuerfall UBS nicht um Einzelköpfe, sondern um eine ganze Fabrik geht. So gesehen wäre wohl nur die Aufnahme eines Strafverfahrens gegen alle Involvierten möglich gewesen - alle Chefs von Schweizer Banken, die im Offshore-Private-Banking tätig sind, die Aufsichtsbehörden und vielleicht sogar gegen mögliche weitere Mitwisser wie Investoren oder Bankkunden. Eine illusorische Vorstellung.
Die wirkliche Katastrophe
Die in der Schweiz lange gemachte rechtliche Unterscheidung zwischen Steuerbetrügern und den juristisch als weniger gravierend eingestuften Steuerhinterziehern ist nach Schweizer Recht komplett in Ordnung. Das Schweizer Bankgeheimnis ist Alltag und wird von den Schweizer Banken seit vielen Jahren offen praktiziert und wurde, bis vor kurzem, im Ausland als schweizerische Dienstleistung offeriert. Dass dabei in Kauf genommen wurde, dass ausländisches Recht gebrochen wird, mag moralisch zu hinterfragen sein, es ist aber in der Schweiz nicht strafbar. Zudem: Das gilt ja auch umgekehrt, also für ausländische Firmen, die in irgend einem Land tätig sind. Die seit einiger Zeit aufgeflammte Empörung des Auslands rund um das Bankgeheimnis ist vor allem ökonomisch verständlich. Schliesslich erhoffen sich viele, dass Millionen an Steuerfranken in die vielerorten leeren Staatskassen fliessen. Der erhobene moralische Finger von lauten Rufern wie den USA oder Grossbritannien ist zu hinterfragen, solange diese im eigenen Land über die bereits vielfach erwähnten eigenen Offshore-Finanzplätze verfügen.
Rund um das Bankgeheimnis bricht ein neues Zeitalter an. Künftig werden wohl weltweit Weissgeldstrategien wenigstens offiziell im Zentrum der Überlegungen stehen. Ein Rechtsexperte machte kürzlich seinem Ärger Luft und sagte zu NZZ Online: "Das Bankgeheimnis ist rechtmässiges Schweizer Gesetz. Dass man es aufgibt, ist kein Problem, man kann Gesetze ändern. Aber dass man es ohne jegliche Gegenleistung gegenüber dem Ausland aufgibt, das ist die wirkliche Katastrophe?.
NZZ Online 19. 2. 2010
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Bank of America baut bis zu 35.000 Stellen ab
New York (Reuters) - Nach der milliardenschweren Übernahme der Investmentbank Merrill Lynch will die Bank of America in den kommenden drei Jahren bis zu 35.000 Stellen streichen.
Angesichts des schwachen wirtschaftlichen Umfeldes sei der Arbeitsplatzabbau unvermeidlich, erklärte das Institut am Donnerstag in New York. Die nach Abschluss der Fusion größte Bank der USA verspricht sich davon Kosteneinsparungen von rund sieben Milliarden Dollar pro Jahr.
Die Stellenstreichungen machen rund elf Prozent der gemeinsamen Belegschaft aus. Merrill bringt in das fusionierte Haus rund 61.000 Mitarbeiter mit, die Bank of America hat etwa 247.000 Angestellte. Den Angaben zufolge sind Mitarbeiter beider Firmen und aller Geschäftsbereiche von den Maßnahmen betroffen. Soviel Stellen wie möglich sollen durch Nichtbesetzung freiwerdender Positionen eingespart werden. Das genaue Ausmaß des Stellenabbaus ist laut der Bank erst Anfang 2009 absehbar.
Experten zeigten sich wenig überrascht von der Ankündigung. "Angesichts der gegenwärtigen Lage sieht es nicht so sehr drakonisch aus, besonders, wenn man betrachtet, was sich bei der Citigroup abspielt", sagte Howard Diamond, Chef der gleichnamigen Beratergesellschaft. Weltweit haben Finanzinstitute seit Beginn der Kreditkrise im August 2007 den Abbau von etwa 290.000 Arbeitsplätzen bekanntgegeben. Darunter befinden sich auch die Deutsche Bank und die Commerzbank.
Als Konsequenz der internationalen Finanzmarktkrise hatte die Bank of America ihre angeschlagene Rivalin Merrill Lynch im September für 50 Milliarden Dollar geschluckt.
Reuters 12. Dezember 2008, 15:32 Uhr
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Tribune Files for Bankruptcy
The Tribune Company filed for bankruptcy protection in a federal court in Delaware on Monday, as the owner of The Los Angeles Times, The Chicago Tribune and the Chicago Cubs baseball team struggled to cope with mountains of debt and falling ad revenue.
Tribune, which was acquired last year by billionaire real estate investor Samuel Zell, had hired bankruptcy advisers like Lazard and the law firm Sidley Austin in recent weeks as it negotiated with creditors over debt covenants. (Read the bankruptcy petition here.)
It is only the latest — and biggest — sign of duress for the newspaper industry yet. Several newspaper companies have struggled to cope with declining revenues and mounting debt woes. Tribune has pared back the newsrooms of many of its papers, and it sold off Newsday to Cablevision’s Dolan family earlier this year. It is unclear what Tribune’s filing means for other newspaper publishers on the brink.
“Over the last year, we have made significant progress internally on transitioning Tribune into an entrepreneurial company that pursues innovation and stronger ways of serving our customers,” Mr. Zell, who holds the titles of Tribune chairman and chief executive, said in a statement. “Unfortunately, at the same time, factors beyond our control have created a perfect storm — a precipitous decline in revenue and a tough economy coupled with a credit crisis that makes it extremely difficult to support our debt.
The Tribune Company owns 23 TV stations and 12 newspapers, including two of the eight largest in the country by circulation. As of Sept. 30, The Los Angeles Times had weekday circulation of 739,000 and the Chicago Tribune had 542,000. Tribune has been trying to sell the Chicago Cubs baseball team; the team’s stadium, Wrigley Field; and the company’s share in a regional cable sports network. Such a deal, which could bring the company more than $1 billion, has been a crucial part of its strategy since last year. But the sale — originally expected to take place before the last baseball season — has been delayed by several factors, including the tight credit market.
It is not clear how recent federal allegations of insider trading against Mark Cuban, believed to be the highest bidder, could affect the sale. In a court filing, Tribune said it had nearly $13 billion in debt, compared to $7.6 billion in assets. Most of that debt was taken on when Mr. Zell acquired the company — a deal he struck using mostly borrowed money. All of the now privately held company’s equity is owned by an employee stock-ownership plan, which is likely to get wiped out. (Because the ESOP is relatively new, its losses are likely to be small. When United Airlines filed for bankruptcy in 2002, its employee plan, created in the mid-1990s, suffered much bigger losses.) The company had to contend with hefty interest payments over the next year. In its court filing, Tribune listed a $69.6 million bond issue that was to mature on Monday.
Another pressing problem was a maintenance covenant on some of its debt that limits its borrowings to no more than nine times earnings before interest, depreciation and amortization.
Even if the company continues to make interest payments, failure to maintain that level of debt means technical default — which does not always lead to a bankruptcy filing. Other newspaper publishers have halted making interest payments on their debt, but have yet to file. Tribune said in a statement that it has enough cash to keep operating as usual. Barclays, one of its existing lenders, agreed to amend an existing $300 million financing facility, as well as to provide a $50 million letter of credit. The latter is part of an overall debtor-in-possession financing package, which is usually extended to companies that file for bankruptcy. More details of the DIP financing could not be learned. The top creditors listed by Tribune in its court filing include big banks like JPMorgan Chase, Merrill Lynch and Deutsche Bank. JPMorgan listed some of the firms it had syndicated its debt to as well; that list comprises private investment firms like Kohlberg Kravis Roberts’s KKR Financial, Highland Capital Management and Davidson Kempner Capital Management.
A CreditSights analyst, Jake Newman, wrote in a research report published last month that Tribune avoided technical default in the third quarter partially through some accounting adjustments. “We think the company will have difficulty meetings its year-end covenant compliance,” Mr. Newman wrote.
Tribune hired Lazard several weeks ago to assess its options, these people said. It also hired Sidley, a longtime outside adviser to Tribune that has a well-respected bankruptcy practice as well.
In its filing Monday, Tribune also said that it has retained Alvarez & Marsal, a restructuring adviser, as a consultant. Alvarez & Marsal is also advising Lehman Brothers, the collapsed investment bank whose filing was the largest corporate bankruptcy in American history.
Tribune’s problems have long been reflected in the price of its bonds. Tribune bonds maturing Aug. 15, 2010 with a 4.88 percent coupon traded at $13.25 on Friday, suggesting severe levels of distress.
New York Times 9.12.2008 Michäl J. de la Merced
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Pensionskassen des Bundes auf Talfahrt
Die Pensionskassen des Bundes sowie der früheren Regiebetriebe der Eidgenossenschaft befinden sich in Unterdeckung.
Gemäss neusten Schätzungen lag der Deckungsgrad der Pensionskasse des Bundes Publica Ende November noch bei 97 Prozent. Damit weist die Publica eine Unterdeckung von 1,1 Milliarden Franken aus, wie Finanzminister Hans-Rudolf Merz am Montag im Nationalrat auf eine Frage von Hans Widmer (sp.,Luzern) erklärte. Die Situation der Publica hat sich im Verlaufe des Jahres drastisch verschlechtert. Bereits zwischen Januar und Juni 2008 war der Deckungsgrad von 106,5 auf 99,5 Prozent gesunken. Die Wertschwankungsreserven von 2 Milliarden Franken, die die Publica Ende 2007 noch ausgewiesen hatte, waren damit bereits Mitte Jahr aufgebraucht.
Auch die Pensionskassen der ehemaligen Regiebetriebe litten. Die Pensionskasse der Post verfügte Ende November noch über einen Deckungsgrad von 86,4 Prozent, was einer Lücke von 1,8 Milliarden Franken entspricht. Die grösste Deckungslücke hat die Vorsorgestiftung der SBB mit 2,9 Milliarden Franken. Der Deckungsgrad betrug hier nur noch 80 Prozent, wie Merz sagte.
Bei der Swisscom (Complan) lag der Deckungsgrad bei 91,3 Prozent (Lücke von 600 Millionen Franken), bei der Ruag bei 90,2 Prozent (Lücke von 127 Millionen Franken) und bei Skycare bei 92 Prozent (Lücke von 70 Millionen Franken).
(sda) 8.12.2008
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Bis zu 90 Milliarden Franken Pensionkassengelder vernichtet.
Bereits dreimal in den letzten 20 Jahren (1990, 1994, 2002) haben die Verantwortlichen der Schweizer Pensionskassen für herbe Verluste gesorgt. Lehren daraus gezogen haben weder die Kassen noch die amtlichen Aufsichtsstellen. Es handelt sich somit um eine der grössten amtlichen Veruntreuungen anvertrauter Gelder von Privatpersonen. Die offizielle Verlautbarung schliesst lückenlos an die seit über einem Jahr üblichen Lügengeschichten der Finanzbranche an:
Die Schweizer Pensionskassen haben 2008 ihre mit Abstand schlechteste Performance seit der Einführung des BVG-Obligatoriums im Jahr 1985 erzielt. Die Pictet-BVG-Indizes 2005, wichtige Referenzwerte bei der Verwaltung der Gelder der beruflichen Vorsorge, weisen für das vergangene Jahr Renditen von –11,5% (Aktienanteil: 25%), –20,1% (40%) sowie –31% (60%) aus. Die Indizes orientieren sich an einer «modernen» Diversifikation und bilden Portfolios mit Aktien, Obligationen, Immobilien und alternativen Anlagen wie Hedge-Funds und Private Equity ab.
Der Pensionskassenberater Graziano Lusenti geht davon aus, dass rund 80% der 2700 Schweizer Vorsorgewerke im vergangenen Jahr Verluste von zwischen –10% und –20% erlitten haben. Es gebe aber einige «Ausreisser» mit einer noch schlechteren Entwicklung. Laut dem Berater dürfte das sehr schwierige Jahr an den Finanzmärkten bei den Vorsorgeeinrichtungen Vermögenswerte von 70 Mrd. bis 90 Mrd. Fr. vernichtet haben. Ende 2007 lag deren verwaltetes Vermögen noch bei rund 600 Mrd. Fr., nun dürften es nur noch 510 Mrd. bis 530 Mrd. Fr. sein. Es ist davon auszugehen, dass bei einigen Vorsorgeeinrichtungen eine «erhebliche» Unterdeckung – also ein Deckungsgrad von 90% oder weniger – besteht. Auch die Kassen des Bundespersonals gehören zu den grossen Geschädigten.
Das schlechteste Performance-Jahr war bisher 1990, als die Finanzmärkte unter dem Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait litten. Schwierige Jahre für die Pensionskassen waren auch 1994 wegen der Schweizer Immobilienkrise sowie 2001 und 2002 infolge der zuvor geplatzten Internet-Blase. Die Negativentwicklung zwingt die Stiftungsräte vieler Pensionskassen nun zu Sanierungsmassnahmen. Hier stehen einige Möglichkeiten zur Auswahl. Beispielsweise können die Vorsorgewerke laut den gesetzlichen Bestimmungen während der Dauer der Unterdeckung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern Beiträge erheben. Ausserdem können Rentner temporär zu Zahlungen verpflichtet werden, wenn es in den vergangenen zehn Jahren Rentenerhöhungen gegeben hat. Des Weiteren kann die Einrichtung während der Unterdeckung auf den BVG-Altersguthaben einen tieferen Zins als den BVG-Mindestzinssatz vergüten.
Nachdem der Steuerzahler, dank Finanzkrise und Rettung der maroden UBS, in den nächsten 10 Jahren mit einer zusätzlichen Steuerlast von bis zu Fr. 100'000 rechnen darf, wird sein angehäuftes BVG-Kapital durch die gleichen, unverantwortlich und inkompetent handelnden Stellen vernichtet, die auch an der Auslösung der Finanzkrise beteiligt sind.
Wie lange dauert es noch, bis das Volk nicht mehr zahlen kann, nicht mehr Zahlen will?
anno69
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John le Carré wird Ehrendoktor der Universität Bern
Der englische Schriftsteller John le Carré hat am Samstag die Ehrendoktorwürde der Universität Bern erhalten. Der 77-jährige Bestsellerautor, der auch in Bern studierte, wurde für seine Analysen über die Geheimdienste und deren skrupellose Handhabung durch staatliche Mächte geehrt, wie es in der Laudatio heisst.
David John Moore Cornwell, weltweit bekannt als Romanautor John le Carré, studierte in den Jahren 1948 und 1949 deutsche Literatur an der Universität Bern, danach moderne Sprachen in Oxford. Von 1956 bis 1958 unterrichtete er am Eton College und wechselte dann zum British Foreign Service, wo er bis 1964 tätig war. In seiner Zeit als britischer Konsul in Hamburg wurde er vom britischen Geheimdienst rekrutiert.
Seinen ersten Roman verfasste er bereits 1961 und es folgten über 20 weitere bis heute. Den Ehrendoktortitel der Universität Bern nahm er am Morgen im Berner Casino entgegen. John le Carré habe den Spionageroman von Grund auf erneuert und ihm eine litererische Tiefendimension verliehen, heisst es in der Laudatio.
Geehrt wird er aber auch als Analyst «der Mechanismen von Macht und Korruption, der in seinen Werken die Geheimdienste und deren skrupellose Handhabung durch die staatlichen Mächte entlarvt». Ebenso der Moralist, der tiefe Einsicht in die menschliche Natur des Selbstbetrugs und der Lüge besitze. Nicht zuletzt wird auch der Weltenbürger ausgezeichnet, der Bern in seiner biografischen Kartografie einen festen Platz einräume.
(ap) 6.12.2008
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125 Medienleute weltweit hinter Gittern
Mehrheit der inhaftierten Journalisten arbeitete online
Im Internet tätige Berichterstatter werden immer häufiger zum Opfer staatlicher Unterdrückung: Nach einem vom Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York veröffentlichten Bericht sassen Anfang Dezember 125 Journalisten weltweit hinter Gittern. 56 davon arbeiteten als Blogger, Internet-Reporter oder Online-Redaktoren, so viele wie noch nie zuvor. Die Macht und der Einfluss einer neuen Generation von Online-Journalisten habe die Aufmerksamkeit repressiver Regierungen weltweit erregt, diese gingen nun verstärkt zum Gegenangriff über, sagte CPJ-Direktor Joel Simon.
Bereits zum zehnten Jahr in Folge sassen laut CPJ in China die meisten Journalisten in Haft. Von 28 verhafteten Journalisten arbeiteten demnach 24 im Internet, der prominenteste ist der zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilte Menschenrechtler Hu Jia. In Kuba waren 21 Journalisten im Gefängnis, auf Platz drei der Liste steht Birma mit 14 Inhaftierten.
(sda) 5.12.2008
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